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Maximilian Krah: Gedeckt, versteckt

Maximilian Krah war einst ein gefeierter Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl. Jetzt steht er im Fokus von Ermittlungen – und wird von seiner eigenen Partei versteckt. Was der Fall über Krahs Haltung zu Deutschland und Europa aussagt.

Dr. Maximilian Krah (AfD) beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in einem Verfahren der Alternative für Deutschland (AfD) gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Münster, Nordrhein-Westfalen, Deutschland, 11.04.2024.
Maximilian Krah, Spitzenkandidat der AfD zur Europawahl 2024. Foto: IMAGO / Rüdiger Wölk

Er pflegt die großen Auftritte. Im Anzug mit Manschetten, Hemd und Krawatte. Ein Dandy mit Genuss und Erfahrung. Ganz ein gestandener Mann, ganz ein rechter Kerl. Doch am 22. April platze das bemühte Image von Maximilian Krah. Der vermeintliche Grandseigneur, der die AfD im Europawahlkampf führen soll, wurde zum offensichtlichen Grand Terrible. Der Verdacht: Ein seit 2019 beschäftigter Mitarbeiter des Europaabgeordneten – Jian G. – soll „Mitglied eines chinesischen Geheimdienstes“ sein, so der Generalbundesanwalt. Beamt:innen des Landeskriminalamtes Sachsen in Dresden nahmen G. beim Verlassen seiner Wohnung fest. Krah selbst steht im Verdacht, chinesische Zahlungen erhalten zu haben. Sein Bekenntnis in dem rechtsextremen Magazin „Zuerst!“ vor wenigen Wochen „Meine Waffe ist die Transparenz“ bekommt nun eine besondere Betonung. Der Fall Krah ist auch der Fall Björn Höcke und Götz Kubitschek (zu ihm später mehr). Er ist ihr Kandidat, der wie sie die „Remigration“ forcieren will.

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Spionageverdacht bremst den Europawahlkampf

Kein guter Star für die AfD im Europawahlkampf. Beim Wahlkampfauftakt in Donaueschingen am 27. April war ihr Spitzenkandidat bereits unerwünscht. Den Rückzug von der Bühne in der baden-württembergischen Stadt soll Krah, der das CDU-Milieu implodieren lassen will, nur widerwillig akzeptiert haben. Ganz um Schadensbegrenzung bemüht versicherte Tino Chrupalla bei der Veranstaltung: „Wir werden mit dem Wahlkampf zeigen, dass man uns nicht so schnell unterkriegen kann“. Der Bundessprecher betonte, „es soll nicht um Krah, Krah, Krah gehen, sondern um die AfD“. Aus diesem „Politikthriller“ würde die Partei gestärkt hervorgehen. Zweckoptimismus? Die Partei, zu deren Narrativ gehört, anderen Parteien vorzuhalten, „Volk und Vaterland“ zu verraten, gar fremden Interessen zu folgen, statt fürs eigene Volkswohl zu wirken, steht nun erneut selbst im Verdacht, „Volk und Vaterland“ verraten zu haben und verkaufen zu wollen.

Beim Wahlauftakt erschien ebenso wenig der zweite Europawahl-Spitzenkandidat der AfD: Petr Bystron. Der Bundestagsabgeordnete steht seit Wochen im Verdacht, enge Kontakte zu Russland zu pflegen. Ermittlungen wegen möglichen Verbindungen zu prorussischen Netzwerken und eventuellen Geldzahlungen laufen. Über die Medienplattform „Voice of Europe“ um Wiktor Medwedtschuk sollen Gelder in Höhe zwischen 500.000 Euro und einer Million Euro an kremlfreundliche Politiker:innen in Europa geschoben wurden sein. 20.000 Euro könnte Bystron erhalten haben, schreibt der „Spiegel“.

Informationen gesammelt und ausspioniert

Inwieweit Krah-Mitarbeiter Jian G. Geld aus Peking bekam, ist bisher nicht bekannt. Er soll sich aber die Diskussion zu einer Resolution zu dem chinesischen Einfluss auf kritische Infrastruktur in der EU genau angeschaut und auch Informationen zu einer Resolution wegen der Verfolgung von Minderheiten durchgestochen haben. Der Generalbundesanwalt hält dem nun schnell entlassenen Assistenten außerdem vor, chinesische Oppositionelle in Deutschland ausspioniert zu haben. Erfahrung als Spitzel hat G. beim sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) gesammelt. Er soll ab Dezember 2007 Informant gewesen sein. August 2018 soll er „abgeschaltet“ worden sein, aus Sorge, er könne ein chinesischer Spitzel sein, so die „Bild“.

Und der Ex-Chef selbst? Außer des Verdachtes, Geld erhalten zu haben, fiel im EU-Parlament Krahs Pro-China-Haltung auf. Er stimmte gegen die eigene „Fraktion Identität und Demokratie“ (ID). Aus seinem Büro wurden zudem im Handelsausschuss des Europaparlaments in den vergangenen Jahren mehrfach geheime Dokumente über die EU-Außenwirtschaft abgerufen.

In der Öffentlichkeit hält sich die AfD mit Distanzbemühungen zurück. Andere Signale setzte Chrupalla während des Wahlauftakts. Er bedankte sich bei Krah für das Fernbleiben. Und er betonte, was er seit Tagen betont: „Es muss auch bewiesen und nachgewiesen werden.“ Von den AfD-Bundestagsmitgliedern sind schon einige von der Defensive in die Offensive gegangen. Für sie sind die Ermittlungen nichts weiter als eine Kampagne gegen die AfD – das klang bereits beim Wort „Politikthriller“ an. Im Hintergrund rumort es jedoch. Vor Krah sei die Bundesspitze, auch Alice Weidel, gewarnt worden: zu dubios, zu fragwürdig. Der Druck des Höcke-Umfeldes für den Mann aus Sachsen soll jedoch zu stark gewesen sein. Die Bundesspitze hätte sich aber nicht gegen die Kandidaten gestellt. Ein Gegenkandidat trat nicht an.

Illustration, die ein Clipboard mit einem Blatt Papier darauf und einem Stift daneben zeigt. Auf dem Blatt steht: "Argumente gegen die AfD: rechtsextrem, rassistisch, Desinformation, gegen Pressefreiheit, Gewalt, Frauenbild der 50er"
Quelle: Campact

Warum die AfD keine gute Alternative für Deutschland ist und wie Du das im Gespräch sicher vermitteln kannst, liest Du in diesem Beitrag:

„Schampus-Max“ und die Landestreue

Dass Krah Unruhe bringt, war bei der ID-Fraktion schon früher erlebbar. 2023 löste er in der Fraktion, der auch die Partei Rassemblement National vom Marine Le Pen angehört, einen Disput über PR-Verträge aus. 2022 ruhte seine Mitgliedschaft für mehrere Monate. Die Fraktion hielt Krah vor, im französischen Präsidentschaftswahlkampf nicht Le Pen, sondern öffentlich die Partei des Rechtsextremen Éric Zemmour unterstützt zu haben.

Nach der Nominierung zum Spitzenkandidaten für den Europawahlkampf in Magdeburg war Krah beim Institut für Staatspolitik (IfS). Am Tisch saßen die Publizistin der Neuen Rechten, Ellen Kositza, und der Verleger Götz Kubitschek. Zu dritt stießen sie mit Schampus auf seine Wahl an. Krahs Nickname: „Schampus-Max“. Zigarre rauchend schwadroniert er mit den beiden von dem rechtsextremen Institut für Staatspolitik (IfS) über andere AfD-EU-Mandatsträger:innen, denen die Rückkopplung an das „eigene Land“ verloren gegangen sei. Ein Video belegt das Gespräch. Öfters ist Krah bei dem IfS zu Gast, das auch Höcke mit aufbaute.

Die Enttarnung des „Spions“ ist für Kubitschek derweil nichts anderes als ein „durchsichtiges Manöver“ um eine „ernsthafte Opposition“ auszubremsen. Und er gibt gleich der AfD eine Empfehlung: „Sie muß angreifen, beißen, bestens vorbereitet sein. Sie muß um die Macht kämpfen, und, das ist das wichtigste: immer mit Blick auf diejenigen, die sie vertritt und die sie wählen werden. Diejenigen nämlich, denen man in Parlamentsgängen und Filmstudios über den Weg läuft, sind für den Ausgang der Wahl völlig irrelevant.“ Eine besondere Drift ist der letzte Satz. Krah steht im Verdacht, käuflich zu sein, doch Kubitschek hält anderen AfD-Politiker:innen Korrumpierbarkeit vor.

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Autor*innen

Andreas Speit ist Journalist und Autor und schreibt regelmäßig für die taz (tageszeitung). Seit 2005 ist er Autor der Kolumne "Der rechte Rand" in der taz-nord, für die er 2012 mit dem Journalisten-Sonderpreis "Ton Angeben. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" ausgezeichnet wurde. Regelmäßig arbeitete er für Deutschlandfunk Kultur und WDR. Er veröffentlichte zuletzt die Werke  "Verqueres Denken – Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus" (2021) "Rechte Egoshooter" (Hg. mit Jean-Philipp Baeck, 2020), "Völkische Landnahme" (mit Andrea Röpke, 2019), "Die Entkultivierung des Bürgertums" (2019). Alle Beiträge

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