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Ladekabel, Interrail-Tickets und kostenloses Roaming: Was die EU Dir im Alltag bringt

Am 9. Juni findet die Europawahl statt. Eine sehr wichtige Wahl – aber warum eigentlich? Was hat die EU schon mit meinem Alltag zu tun? Eine ganze Menge. Fünf Beispiele zeigen wir Dir hier.

Eine junge Person auf einem Bahnhof auf einen Zug. Sie hat eine Karte und einen Rucksack dabei.
Interrail gibt es bereits über 50 Jahre - also schon viel länger als die EU. Aber es ist ein Verdienst der unermüdlichen Arbeit des Staatenverbunds, dass so viele Länder heute noch bei dem Bahnreise-Programm mitmachen. Foto: IMAGO / Funke Foto Services

Die Europäische Union (EU) ist ein Staatenverbund mit eigenem Parlament, Entscheidungsträgern und Gesetzgebung. Mit mittlerweile 27 Mitgliedsstaaten ist die EU aber auch vor allem eins: ein großes, politisches Konstrukt, das schwer zu überblicken ist. Es bringt die Interessen der Mitgliedsstaaten zusammen unter ein gemeinsames Dach. Die Wahlen zum EU-Parlament finden alle fünf Jahre statt und bieten das Fundament für dieses Haus, das sich EU nennt. Bis eine beschlossene Reform oder Richtlinie Anwendung in den Mitgliedsstaaten finden, dauert es oft einige Zeit, weshalb es schwierig ist, herauszufinden: Was bringt mir die EU eigentlich im Alltag?

Diese fünf Beispiele zeigen Dir, wie die EU auch Deinen Alltag beeinflusst – und warum es so wichtig ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger der EU dieses Parlament durch die Wahlen formen.

1. Offene Grenzen für Menschen, Mobilfunk und Handel

Mal eben rüber in die Niederlande oder nach Frankreich zum Einkaufen und sich dabei keine Sorgen über die Handyrechnung machen müssen – diese beiden Dinge sind ein zentraler Verdienst der EU. Der EU-Binnenmarkt ermöglicht den freien Personenverkehr. Durch das Schengener Übereinkommen wurden die Grenzkontrollen zwischen den meisten EU-Ländern abgeschafft. Du kannst jetzt die meisten Grenzen innerhalb der EU überqueren, ohne Deinen Ausweis vorzuzeigen oder Geld umtauschen zu müssen, solange Du Dich im Euro-Raum befindest.

Und auch im Ausland kannst Du ganz einfach Fotos nach Hause schicken oder mit Deinen Lieben telefonieren. Denn seit Juni 2017 sind die Roaming-Gebühren abgeschafft, sodass Du für die Nutzung Deines Handys im Ausland genauso viel bezahlst wie zu Hause. Die EU-Gesetzgebung hat durch die Festlegung von Preisobergrenzen auch zu einer allgemeinen Senkung der Mobilfunkkosten beigetragen. Dadurch sind die Mobilfunkkosten erheblich gesunken (seit 2007 um mehr als 90 Prozent).

Die EU hat außerdem die Schranken für den freien Handel zwischen ihren Mitgliedern abgebaut. Das bedeutet, dass die Menschen selbst entscheiden können, wo in der EU sie Waren produzieren, kaufen und verkaufen. Es bedeutet auch eine größere Auswahl an Produkten und niedrigere Preise für die Verbraucher*innen.

Günstige Reisen durch Interrail

Beim Thema Reisen gibt es noch einen Vorteil: Mit dem Interrail-Ticket gibt es eine Bahn-Flatrate für ganz Europa. Mit dem One-Country-Pass kannst Du ein Land intensiv und mit dem Global-Pass insgesamt 33 Länder bereisen, ohne Dich vor Ort um Tickets oder Fahrpreise sorgen zu müssen. Für Jugendliche sind die Interrail-Tickets besonders günstig, aber auch Erwachsene profitieren von dem Angebot.

2. Einheitliche Verbraucherrichtlinien – Beispiel USB-C-Ladekabel

Ein Ladekabel statt vier oder fünf unterschiedlicher Anschlüsse: Das sorgt nicht nur für weniger Chaos in den Schubladen, sondern auch zu weniger Elektroschrott. Ab Ende 2024 werden USB-C-Stecker zum Standard bei technischen Geräten wie etwa Smartphones, Tablets oder Digitalkameras. Diese Neuerung geht auf eine EU-Richtlinie zurück, die der Bundestag ohne Gegenstimmen verabschiedet hat. Ab 2026 wird sie auch für Laptops gelten.

Elektrogeräte aller Art sollen deshalb zukünftig in zwei Varianten verkauft werden: mit und ohne Ladekabel. Die Verbraucher*innen sollen selbst entscheiden, ob sie ein neues Kabel brauchen oder ein bereits vorhandenes nutzen. Damit soll unnötiger Elektroschrott vermieden und Ressourcen geschont werden, denn schließlich können – zumindest planmäßig – alle Geräte die gleiche Art von Ladekabel nutzen. In der Praxis nutzen die meisten ohnehin nur ein oder zwei Ladekabel, während die anderen, unnötig mitgekauften, in irgendeiner Schublade liegen.

Die zugrunde liegende EU-Richtlinie wird manchmal auch „Anti-Apple-Gesetz“ genannt, da vor allem der Hersteller Apple sich bislang hartnäckig gegen den Trend hin zu USB-C gewehrt hat, der sich auch ohne die Richtlinie bereits abzeichnete. Apple forciert außerhalb der EU weiterhin seinen eigenen „Lightning“-Anschluss. Für den Vertrieb in der EU muss sich der Konzern jetzt etwas anderes überlegen.

Schutz vor Zugriff auf persönliche Daten

Beim Stichwort Großkonzern kommt auch wieder die EU ins Spiel. Als EU-Bürger*in bist Du nämlich im Besitz Deiner Daten. Organisationen oder Unternehmen (wie Apple, Facebook bzw. Meta und Co.) dürfen Deine personenbezogenen Daten nicht ohne Deine Zustimmung verarbeiten. Außerdem hast Du durch die Europäische Datenschutz-Grundverordnung das Recht, zu erfahren, welche Daten über Dich gespeichert wurden. Auch das ist eine Errungenschaft, die ohne die Arbeit des Europäischen Parlamentes nicht möglich gewesen wäre.

3. Freie Ortswahl für Leben, Beruf und Ausbildung

Du kannst in jedes EU-Land reisen, dort studieren, arbeiten und leben. Auch das ist ein Verdienst des europäischen Staatenverbundes. Einheitliche Bedingungen gelten dabei für alle EU-Bürger*innen in allen EU-Ländern. Auch Ausbildung und Studium sind außerhalb des Heimatlandes unkompliziert möglich. Die EU unterstützt entsprechende Vermittlungs- und Austauschprogramme und hat für Anlaufpunkte eine eigene Infoseite für Jugendliche eingerichtet.

Viele Schulen und Universitäten haben Partnerschaften oder Partnerprogramme mit anderen europäischen Schulen und Unis, die einen Schüleraustausch oder ein Auslandssemester mit innerhalb des Programms „Erasmus+“ noch einfacher machen.

Und was passiert, wenn Du unterwegs krank wirst oder einen Unfall hast? Mit der Europäischen Krankenversicherungskarte hast Du Anspruch auf alle unaufschiebbaren medizinischen Behandlungen, bis Du wieder zu Hause bist. Im Ausland erhältst Du die gleiche staatliche Gesundheitsversorgung zu den gleichen Gebühren wie die einheimische Bevölkerung.

4. Schutz vor negativen Umwelteinflüssen

Die direkte Auswirkung einer weiteren EU-Richtlinie kennt jeder, der ein Auto besitzt: die sogenannte Umweltplakette. Einzelne EU-Länder haben zwar unterschiedliche Plaketten, sie gehen aber alle auf eine einheitliche Verordnung zurück und sind deshalb vergleichbar. Durch sie soll die Schadstoffbelastung in Ballungsräumen reduziert und die Bevölkerung damit geschützt werden.

Das Bundes-Immisionsschutzgesetz (BImSchG) geht in großen Teilen auf EU-Richtlinien zurück. Schwerpunktmäßig werden dort die Luftreinhaltung und der Lärmschutz sichergestellt. Aber auch der Schutz von Boden und Wasser wird mittlerweile durch ergänzende EU-Verordnungen geregelt. Das BImSchG soll sowohl präventiv Emissionen vermeiden, als auchGefahren von bestehenden Schadstoffen abgewehren.

So eine Schutz-Richtlinie gibt es auch für Lärmbelastung. Durch die EU-Umgebungslärmrichtlinie gibt es ein Konzept zur Lärmminderung, das in Deutschland im Bundes-Immissionsschutzgesetz Anwendung findet. Das schreibt unter anderem eine Lärm-Kartierung und eine Ermittlung der Lärmbelastung vor. Die Lärmkarten müssen für alle Bürger*innen frei zugänglich sein. Ist die ermittelte Lärmbelastung zu hoch, werden Aktionspläne ausgearbeitet. Das klingt alles sehr bürokratisch, findet im Alltag aber auch tatsächliche Anwendungen. Zum Beispiel in Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahn- oder Bundesstraßen-Abschnitten in bestimmten Zeiträumen oder Zeitvorgaben für den Güterverkehr. Oder in Lärmschutzmauern an stark befahrenen Straßen oder Eisenbahnstrecken.

5. Fortschritte im Klima- und Umweltschutz

Die EU schützt ihre Bürger*innen allerdings nicht nur vor Lärm und dicker Luft, sondern auch vor anderen Umwelteinflüssen. In den vergangenen Jahren standen Klima- und Umweltschutz immer wieder im Mittelpunkt der EU-Verordnungen, auch in anderen Fachbereichen – zum Beispiel beim Thema Elektroschrott durch Ladekabel, wie weiter oben bereits erwähnt.

Einen anderen großen Fortschritt in diesem Bereich hat die EU erst kürzlich beschlossen: das Recht auf Reparatur. Es soll das Reparieren von Elektrogeräten einfacher und attraktiver machen; nimmt dabei Hersteller in die Pflicht und schützt die Verbraucher*innen vor geplanter Obsoleszenz, das heißt dem frühen oder vom Hersteller beschleunigten Verschleiß von Geräten. Für das Recht auf Reparatur auf EU-Ebene haben viele Initiativen in den unterschiedlichen Mitgliedsstaaten gestritten, zum Beispiel das INKOTA-Netzwerk in Deutschland. Ihre Petition auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact, für das Recht auf Reparatur und einen bundesweiten Reparaturbonus erreichte knapp 75.000 Unterschriften.


Verordnungen der EU haben allerdings nicht immer ausschließlich positive Auswirkungen auf Deutschland. Auf Druck von Lobby-Vereinen verlängerte die EU – entgegen vorheriger Überlegungen – die Zulassung für das gefährliche Herbizid Glyphosat für weitere 10 Jahre. Das in Deutschland geplante Verbot kann damit nicht umgesetzt werden. Die Europawahlen sind unter anderem deshalb wichtig – damit in Zukunft Klima- und Umweltschutz wieder mehr Priorität in der EU bekommen.

Campact setzt sich weiterhin für das Verbot ein, in Deutschland und europaweit. Im Blog kannst Du alle bisherigen Schritte unserer Glyphosat-Kampagne nachlesen. Abonniere den Campact-Newsletter, um weiterhin über diese und weitere Kampagnen informiert zu werden.

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Autor*innen

Linda Hopius hat Wissenschaftsjournalismus, Politikwissenschaft und Philosophie studiert. Als freie Journalistin schreibt sie zu den Themen Umwelt und Naturschutz. Dazu arbeitet sie als Naturmentorin in der Natur- und Erlebnispädagogik und berichtet darüber auf ihrem Instagram-Kanal @lindasnaturgeschichten. Für Campact arbeitet sie seit 2024 als freie Redakteurin. Alle Beiträge

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