AfD Rechtsextremismus
Rechtsextreme treffen Rechtsextreme: „Tag des Vorfelds“ der AfD Schleswig-Holstein
Mit der Organisation vom „Tag des Vorfelds“ enttarnt sich die AfD in Schleswig-Holstein endgültig. Einschlägig bekannte Gäste und eindeutige Zeichen untermauern die antidemokratische Ausrichtung nur noch.
Die Unvereinbarkeitsliste der AfD ist lang. Das Image der vermeintlichen Alternative als rechts-konservativ soll gewahrt bleiben. Diese politische Mimikry führt die Bundesspitze der AfD auf, trotz all der Björn Höckes und Co., die es in der Partei gibt. Im hohen Norden zwischen Nord- und Ostsee ist diese Strategie aber von der eigenen Partei widerlegt worden. Rechtsextreme kamen bei der AfD Schleswig-Holstein zu Rechtsextremen.
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Denn am vergangenen Samstag hatte der Landesverband zum sogenannten „Tag des Vorfelds“ eingeladen. Die Ankündigung spiegelte ein „Who is Who“ der Szene-Mediennetzwerke von Magazinen und Radiosendern wider. Auch zentrale Vereine sollten sich am 20. Juli vorstellen. Einen Tag zuvor konnten antifaschistische Initiativen den geheim gehaltenen Ort für das „Vernetzungstreffen“ öffentlich machen: ein griechisches Restaurant in Neumünster. Protest begleitete die Veranstaltung. Mitunter ein Grund, warum nicht die erwarteten 200 Gäste erschienen.
„Tag des Vorfelds“ startet mit eindeutigen Zeichen
Etwa 100 Teilnehmende folgten der Einladung der AfD in den großen Saal des Restaurants. Einer der Gäste zeigte beim Hineingehen die „White-Power“-Geste, die dem Okay-Zeichen ähnelt. Ein weiterer Gast trug ein T-Shirt mit der Botschaft „It’s okay to be white“. Weißes Vorherrschaftsdenken stört die AfD nicht. Der Veranstaltungsleiter Kevin Dorow von der AfD-Kreistagsfraktion Rendsburg-Eckernförde erkannte in dem Verhalten bloß einen „jugendlichen Witz“. Lachen können nur all jene, die nicht als Feinde und Eindringlinge der AfD und ihres Umfeldes markiert sind.
Auf dem Plakat zum „Tag des Vorfelds“ war anfänglich das „Compact – Magazin für Souveränität“ mit angekündigt gewesen. Nach dem Verbot des rechtsextremen Magazins um Jürgen Elsässer verschwand das Logo. Die Schriftzüge des Magazins „Zuerst!“ und der „Deutschen Militärzeitschrift“ waren auch nicht mehr sichtbar. Durch das Verbot von Compact durfte das Netzwerk um das Magazin nicht mehr öffentlich erscheinen. Die beiden anderen Magazine aus der Verlagsgruppe um Dietmar Munier wollten wohl selbst nicht mehr so sichtbar sein. Seit Jahrzehnten bemüht sich der Verleger Munier aus Martensrade nahe Kiel darum, nicht als rechtsextrem eingeordnet zu werden. Ein Geschäftsmodell, das eine Gradwanderung mit sich bringt. Die AfD ist in der „Zuerst!“ regelmäßig wohlwollend präsent – ebenso rechtsextreme Vereine.
Einschlägig bekannte Gäste
Am „Tag des Vorfelds“ nahm nach der Ankündigung auch die Kampagnenagentur „Ein Prozent“ um Philip Stein teil. Diesen Verein zum Vernetzen und Unterstützen des Milieus gründete Jürgen Elsässer mit Götz Kubitschek mit. Einer aus dem Umfeld des früheren Instituts für Staatspolitik (IfS) von Kubitschek war als Redner angekündigt: Benedikt Kaiser. Mit dem rechtsextremen Verein und dem Ex-Institut ist der jetzige Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten engstens verbunden.
Kaiser schwört das Milieu seit Jahren auf die bewusste Nutzung des Vorfeldes in der Politik für das Hauptfeld in der Politik ein. Er sagte selbst, dass ihn das Buch „Kulturrevolution von rechts“ von Alain de Benoist beeindruckt habe. Die Kampfschrift des französischen Neu-Rechten ist schon 1985 erschienen – mit der Ansage „Die alte Rechte ist tot. Sie hat es wohl verdient“ und der Forderung, im vorpolitischen Raum auf die Denk- und Verhaltensmuster der Bevölkerung Einfluss zu nehmen, um die bestehenden Verhältnisse zu delegitimieren. Die Erfolge der Strategie begrenzen sich nicht alleine auf den politischen Raum und den Gewinn von Mandaten für die AfD.
Zwei angekündigte AfD-Politiker dürften diese Ausrichtung teilen: Der AfD-Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp und der fraktionslose Matthias Helferich sollten auftreten. Helferich gehört dem AfD-Vorstand in Nordrhein-Westfalen an und bezeichnete sich als „das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus“. Beckamp fordert ein Ende der Sanktionen gegen Russland. Prorussisch sind auch die beworbenen Medienprojekte aus Österreich: „Info Direkt – Das Magazin für Patrioten“ und „Freilich – Das Magazin für Selbstdenker“ waren eingeladen. Seit Jahren will dieses Spektrum sich in Betrieben festsetzen. Vom Verein „Zentrum – Die alternative Gewerkschaft“ wurde der Vorsitzende Oliver Hilburger angekündigt, der von der Rechtsrock-Band „Noie Werte“ kam.
Vorfeld enttarnt AfD entgültig
Die AfD betrachtet diese Medien und Vereine als ihr politisches Vorfeld. Dieses Feld bereitete die Parteierfolge wesentlich mit vor. Die Akteure denken hier aber nicht nur von Wahl zu Wahl. Sie sehen die Partei so auch als ihre Partei im parlamentarischen Feld. Beide unterstützen und bedingen sich. Im Kontext der Einordnung der AfD als rechtsextrem muss diese Verbindung mehr beachtet werden. Wer nur auf die Programmatik und Einzelpersonen der Partei schaut, kann die Radikalität und Dimension kaum wahrnehmen.
Die AfD Schleswig-Holstein legte aber nicht bloß durch die Ausrichtung des „Tag des Vorfelds“ ihre rechtsextremen Positionen dar. Dorows Antwort auf die Frage des NDR, „wieso als gesichert rechtsextrem eingestufte Organisationen zu der Veranstaltung eingeladen“ waren, bestätigte die Radikalität: „Wir haben in der Vergangenheit immer wieder angemerkt, dass die Einstufung von politisch instrumentalisierten Behörden, die ja auch den jeweiligen politisch gesteuerten Innenbehörden der jeweiligen Länder unterstehen, dass das für uns jetzt nicht unbedingt ein Maßstab ist, mit wem wir uns treffen und mit wem wir uns nicht treffen.“ Einer Distanzeritis will nun auch der Landesverband nicht mehr verfallen. Im Norden ist die Mimikry vorbei, die staatlichen Institutionen müssen reagieren.