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Frauenhasser: Wie Incels die Demokratie bedrohen

Incels sind Männer, die Frauen hassen, weil sie unfreiwillig enthaltsam leben. Warum die Incel-Szene so gefährlich ist.

Foto: Malik Earnest, U nsplash

Sie sehnen sich nach Liebe und Sex, doch weil sie beides nicht bekommen, wächst ihr Hass auf Frauen ins Unermessliche. Incel steht für „involuntary celibate“ und beschreibt Männer, die unfreiwillig im Zölibat leben.  

Feminismus als Feindbild  

Was in Selbsthilfeforen begann, hat sich zu einer radikalisierten Subkultur entwickelt, die Frauen für ihr Unglück verantwortlich macht. Die Schuld liegt ihrer Meinung nach nicht bei ihnen, sondern im Feminismus und der liberalen Gesellschaft. Feminismus führe angeblich dazu, dass Incels ihr vermeintlich gottgegebenes Recht auf ein Sexleben verwehrt bleibt. 

Sie sehen sich als „Opfer in einer Welt, in der Frauen vermeintlich übergroße Freiheiten bei der Partnerwahl“ haben und „in der angeblich nur Menschen Sex haben können, die gängigen Idealen entsprechen“. Für Incels existieren drei Klassen von Männern: die attraktiven „Chads“ oder „Alphas“, die „Normies“ und dann eben die vermeintlich von Natur aus chancenlosen Incels, die sich als Verlierer der Gesellschaft betrachten. 

Vom Selbsthilfeforum zum rechtsextremen Netzwerk

Was zunächst nach ein paar Spinnern im Netz aussehen mag, hat System. In Incel-Communitys entmenschlichen und attackieren Männer Frauen systematisch. Statt von Frauen sprechen sie von „Femoids“ oder „Foids“ (Kurzform für „female humanoid“), also weiblichen Robotern. 

Der Hass auf Frauen wirkt oft als Einstiegsdroge in die rechtsextreme Szene, wie Boussa Thiam und Alice Hasters im Rahmen der Demokratie-Konferenz zum 20-jährigen Jubiläum von Campact herausgearbeitet haben. 

Von antifeministischen Verschwörungserzählungen wie „Ausländer nehmen uns die Frauen weg“ ist es dann nur noch ein kleiner Schritt hin zu Rassismus. Im Netz versuchen die Täter, Menschen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit wie Herkunft, Religion oder eben Geschlecht zum Schweigen zu bringen. 

Graphic Recording von Anja Riese zum Panel "Das unterschätzte Motiv: Feindbild Feminismus" im Rahmen der Demokratie-Konferenz von Campact
Graphic Recording von Anja Riese zum Panel „Das unterschätzte Motiv: Feindbild Feminismus“ im Rahmen der Demokratie-Konferenz von Campact.

Hass im Netz – mit realen Folgen 

Die Gewalt macht dabei nicht im Internet Halt. Ein trauriges Beispiel ist der Fall von Elliot Rodger, der 2014 im kalifornischen Isla Vista mehrere Menschen ermordete, darunter junge Frauen, die er für seine Einsamkeit verantwortlich machte. Er hatte sich zuvor als Incel beschrieben und gilt vielen anderen Incels als Vorbild. Vier Jahre später tötete ein Anhänger der „Incel Rebellion“ in Toronto zehn Menschen mit seinem Auto. Fachleute schätzen, dass seit 2014 in den USA und Kanada mehr als 50 Menschen durch Incels starben

Auch die Attentäter von Halle/Saale und von Hanau sollen Verbindungen in die Szene gehabt haben. Der Täter von Halle beklagte, keine Frau zu bekommen, weil Ausländer sie ihm wegnähmen – so stand es im Protokoll. Bei seiner Flucht spielte er einen Song, der das Attentat von Toronto verherrlicht

Wie Incels die Demokratie bedrohen

Demokratische Gesellschaften basieren auf den Prinzipien von Gleichheit und Respekt für individuelle Freiheiten. Die Incel-Szene lehnt diese Werte ab. Ihre Anhänger sehnen sich nach einer Welt, in der Männer das Sagen haben und Frauen sich ihnen unterwerfen müssen. 

Die Demokratie wird hier nicht nur abgelehnt, sie wird oft auch als feindliches System betrachtet, das es zu bekämpfen gilt. Einige Incels sprechen offen davon, die Gesellschaft „umzuwälzen“, weil sie ihnen angeblich kein „Recht“ auf Partnerschaft gewähre. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Misogynie und extremistischen Einstellungen, die demokratische Werte gefährden.

Incels als Produkt toxischer Männlichkeit

Fest steht: Wo Frauen und ihre Rechte bedroht werden, ist die ganze Gesellschaft in Gefahr. Es ist wichtig, die Incel-Szene mit ihren Gefahren ernstzunehmen. Im Vereinigten Königreich wird Frauenhass beispielsweise als eine eigene Form des Extremismus behandelt. In Deutschland gab es dieses Jahr zwar Razzien bei frauenfeindlichen Online-Hetzern, doch das war bisher alles. 

Hilfetelefon – Gewalt gegen Frauen

Du bist selbst von Gewalt betroffen oder brauchst unabhängige Beratung? Unter der Telefonnummer 0800 116 016 erhältst Du rund um die Uhr, anonym und kostenfrei Unterstützung.

Und auch darüber hinaus besteht dringender Handlungsbedarf. Ein großes Problem ist beispielsweise die fehlende Moderation und Kontrolle auf Plattformen wie YouTube, TikTok und Co. Auf TikTok treffen Jugendliche äußerst schnell auf frauenfeindliche Inhalte. Von sogenannten Trad Wives, die im Netz konservative Rollenbilder propagieren, ist es oftmals nicht weit zu frauenhassenden und gewaltverherrlichenden Beiträgen. 

Incels sind Produkt einer sexistischen Gesellschaft, in der Frauen systematisch abgewertet und entmenschlicht werden. Einer Gesellschaft, in der eher ein verurteilter Krimineller als Präsident gewählt wird, als eine schwarze Frau. Einer Gesellschaft, in der jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer und/oder sexualisierter Gewalt wird. Einer Gesellschaft, in der jede vierte Frau Opfer von Gewalt durch ihren (Ex-)Partner erleidet. Der Hass beginnt oft im Netz, doch endet er nicht immer dort. 

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Autor*innen

Vera Kuchler arbeitet seit 2017 als Redakteurin bei Campact. Die ausgebildete Soziologin und gelernte Journalistin beschäftigt sich im Blog vor allem mit dem Thema „Arbeit und Geschlecht“. Alle Beiträge

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