Bundestagswahl
Das planen die Parteien für Familien
Im Wahlkampf werben beinahe alle Parteien um Familien. Die Versprechungen sind groß; die Hoffnung gering.

Im Wahlkampf spielen Familien immer eine wichtige Rolle – so auch hier kurz vor der Bundestagswahl 2017. Foto: IMAGO / Manngold
Spätestens zum Wahlkampf sind sie da – die Bilder glücklicher Eltern, der Kita ohne Personalengpässe, entspannter Elternzeiten ohne finanzielle Einbußen. Die Versprechungen für uns Eltern sind auch diesmal groß. Viele Punkte finden sich in allen Wahlprogrammen wieder; bei anderen gibt es zwischen den Parteien massive Unterschiede.
Bei der Bundestagswahl können dieses Jahr 41 Parteien teilnehmen. Diese Übersicht fokussiert sich auf demokratische Parteien, die bereits in den Bundestag gewählt worden sind.
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Elterngeld und Elternzeit
Seit seiner Einführung am 1. Januar 2007 hat keine Bundesregierung das Elterngeld je erhöht. Dabei werben die Parteien von Wahl zur Wahl um die Gunst von uns Eltern. Bisher berechnet sich das Elterngeld aus dem Durchschnittseinkommen in den zwölf Monaten vor Geburt des Kindes – es liegt zwischen 300 und maximal 1.800 Euro pro Monat. Für viele Familien ist das Elterngeld eine zentrale Größe – sie entscheidet oft darüber, welches Elternteil mehr Elternzeit beantragt und bestimmt, wie viel Elternzeit überhaupt möglich ist. Kein Wunder also, dass beinahe alle Parteien das Thema (auch diesmal) in ihren Wahlprogrammen aufgenommen haben.
- Die CDU will Elterngeld und Elternzeit „verbessern“. Die konkrete Umsetzung und die Finanzierung sind unklar.
- Die SPD möchte zum Beispiel, dass jeder Elternteil Anspruch auf sechs Monate Elterngeld erhält, die nicht übertragbar sind. Zusätzlich soll das Geld weitere sechs Monate fließen, in denen es auf beide Eltern verteilt werden kann. Die Gesamtzahl der Elterngeldmonate würde so von jetzt 14 auf 18 steigen.
- Auch die Grünen wollen die Anreize erhöhen, damit sich die Partner die Elternzeit gerechter aufteilen. Der Mindestbetrag soll auf 400 Euro, der Höchstbetrag auf 2.400 Euro steigen.
- Im Programm der Linkspartei ist Kündigungsschutz bis zum 6. Lebensjahr vorgesehen. Der Mindestbetrag des Elterngelds soll auf 420 Euro angehoben werden.
- Die FDP will ein volles Elterngeld von 14 Monaten auszahlen, wenn beide Partner je mindestens vier Monate in Anspruch nehmen.
Ehegattensplitting
Mann geht arbeiten, Frau bleibt zu Hause: Das Ehegattensplitting ist eine veraltete Steuerregel aus der Adenauer-Zeit. Es ist ungerecht, fördert Altersarmut bei Frauen, diskriminiert Unverheiratete – und seine Abschaffung würde Millionen sparen. Fast alle europäischen Länder haben das Splitting abgeschafft; nur in Deutschland halten sich manche Parteien daran fest.
- Die CDU will das Ehegattensplitting erhalten. Kinder sollen jedoch stärker berücksichtigt werden.
- Bei der SPD findet sich das Ehegattensplitting (Stand: 24. Januar 2025) nicht im Wahlprogramm. Laut dem Spiegel gibt es dazu jedoch interne Diskussion.
- Die Grüne will das Ehegattensplitting reformieren und die Steuerlast gerechter verteilen. Allerdings nur für neue Ehen. Sie sollen individuell besteuert werden – mit einem übertragbaren Grundfreibetrag, um Frauen wirtschaftlich zu stärken.
- Die Linke will das Ehegattensplitting durch eine Individualbesteuerung ersetzen, wobei das nicht ausgeschöpfte steuerliche Existenzminimum zwischen Eheleuten bzw. Lebenspartner*innen übertragbar sein soll.
- Bei der FDP findet sich das Ehegattensplitting nicht im Wahlprogramm. Traditionell setzen sich die Liberalen jedoch für dessen Erhalt ein.
Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburt
Der Bundestag hat Donnerstagabend einen „gestaffelten Mutterschutz“ nach Fehlgeburten verabschiedet. Dieser greift ab der 13. Schwangerschaftswoche. Bisher mussten sich Frauen krankschreiben lassen. Die Forderung nach einem gestaffelten Mutterschutz fand sich auch in den Wahlprogrammen von Grüne, SPD und FDP wieder und war Teil des Koalitionsvertrages der Ampel-Parteien.
Familienstartzeit
So wie alle EU-Mitgliedsstaaten ist auch Deutschland dazu verpflichtet, die oftmals als „Vaterschaftsurlaub“ bezeichnete Familienstartzeit umzusetzen. Zwar hatten sich SPD, Grüne und FDP 2021 in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeignet, doch die FDP, insbesondere das von Christian Lindner geführte Bundesfinanzministerium, blockierte den Prozess.
In den aktuellen Wahlprogrammen findet sich die Lohnfortzahlung für den zweiten Elternteil nach Geburt nur bei Grünen und SPD wieder. Die Grünen betonen, dass der Start ins Familienleben die Weichen für die spätere Aufgabenteilung setzt. Die Linkspartei spricht von einem 28-tägigen Elternschutz für den zweiten Elternteil.
Betreuungsinfrastruktur ausbauen
Die Situation in Kitas ist dramatisch: Es fehlen Kitaplätze, ausreichend Personal und Kompetenz. Zwar sind Kitas und Schulen in Deutschland Ländersache, die Parteien haben dennoch einiges vor.
- Die CDU sieht vor, die Betreuungsinfrastruktur auszubauen und die Qualität der Betreuung zu verbessern. Auch die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten will sie optimieren. Die Finanzierung ist unklar.
- Um Eltern zu entlasten, will die SPD dafür sorgen, dass Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam weiter in gute Kita-Qualität investieren. Außerdem spricht sie von einer Fachkräfteoffensive. Sie setzt zudem auf kostenfreie Kitas und gratis Mittagessen in Schulen.
- Die Grünen wollen die Betreuungsinfrastruktur in Kitas stärken. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern, sei ein gutes und verlässliches Betreuungsangebot notwendig. Es brauche bundesweite Qualitätsstandards; Betreuungskosten sollten umfangreicher bei der Steuer absetzbar sein.
- Die Linkspartei fordert ein Kitaqualitätsgesetz, das den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz umsetzt und den Betreuungsschlüssel verbessert sowie gebührenfreie Kitas für alle.
- Laut FDP sollen Startchancen-Programme für Kitas unterstützt werden, vor allem dort, wo ein hoher Anteil sozial benachteiligter Kinder oder ein akuter Kita-Platzmangel vorhanden ist. Außerdem sollen Betreuungskosten besser steuerlich absetzbar sein; Details fehlen jedoch.
Alleinerziehende fördern
Alleinerziehende haben ein erhöhtes Armutsrisiko. Wer Armut in Deutschland bekämpfen will, muss zwangsläufig die Situation Alleinerziehender verbessern. Die geplanten Maßnahmen unterscheiden sich dabei sehr.
- Die CDU will Alleinerziehende durch einen erhöhten steuerlichen Entlastungsbetrag finanziell unterstützen.
- Die SPD plant, für Alleinerziehende den Entlastungsbetrag in einen Abzug von der Steuerschuld umzuwandeln.
- Grüne wollen die Steuerlast für Alleinerziehende durch einen Freibetrag senken und das Kindergeld nur zur Hälfte auf den Unterhaltsvorschuss anrechnen – und so Alleinerziehende und ihre Kinder gezielt entlasten.
- Die Linkspartei will berufstätige Alleinerziehende durch eine wöchentliche Haushaltshilfe, eine Kitaplatzgarantie und eine Steuergutschrift entlasten.
- Die FDP plant für Alleinerziehende, dass sie Betreuungskosten und gesetzliche Unterhaltsleistungen besser steuerlich absetzen können.
Regenbogenfamilien gleichstellen
Während sich Parteien wie CDU und AfD auf das traditionelle Familienmodell versteifen, setzen sich SPD, Grüne, Linke und FDP für eine Reform des Abstammungsrechts und den gleichberechtigten Zugang zu Kinderwunschbehandlungen ein.
Finanzierung = unklar
Alle Parteien werben um die Gunst der Familien. Gerade finanzielle Entlastungen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehen im Fokus. Doch gerade die Finanzierung wirft Fragen auf. Fest steht: Wir leben gerade in einem Land, in dem seit Jahren mehrere Milliarden Euro für das Dienstwagenprivileg übrig sind. Doch für Kinder und Familien fehlt Jahr für Jahr das Geld. Mittel gibt es – die Frage ist nur, wer sie erhält.
Das Wahlprogramm der AfD kommt in diesem Beitrag nicht vor, weil sie keine demokratische Partei ist. Warum die AfD keine demokratische Partei ist, obwohl sie demokratisch gewählt wurde, haben wir in diesem Beitrag beschrieben. Campact setzt sich entschlossen gegen Rechtsextremismus ein – mit Appellen, Demos und Aktionen im Netz.