Antirassismus Bundestagswahl Demokratie
Wem nützt das?
Es fühlt sich einfach verdächtigt an, dass so kurz vor der Bundestagswahl vermehrt Terroranschläge verübt werden. Gerade vor einer Bundestagswahl, im Zuge derer über ein einziges Thema Wahlkampf gemacht wird: Abschiebungen. Diese Anschläge sind gefundenes Fressen.
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Gedenken an den Terroranschlag in München: Am Tatort erinnern Kerzen und Blumen an die Opfer. Foto: IMAGO / Wolfgang Maria Weber
Gefühle sind zwar nicht zwingend Indikatoren für Tatsachen. Allerdings können sie es sein, und sie können unter Umständen zu wichtigen Fragen und notwendigen Diskussionen führen. Und manchmal können Gefühle auch Leben retten – vorausgesetzt man nimmt sie ernst, hört darauf, zieht Schlüsse, wird tätig.
Eine der wichtigen Fragen, zu denen das Verdachtsgefühl in Bezug auf die Dichte der aktuellen Terroranschläge führt, formulierte der Sicherheitsexperte Jörg Trauboth im Studiogespräch mit „Phoenix der Tag“ am 13. Februar, nach dem Anschlag in München: „Wem nützt das?“ Also, wem nützen diese Anschläge, die den Anschein erwecken, als würden sie durch ein ganz bestimmtes Täterprofil durchgeführt und einer bestimmten Agenda folgen: Islamist, männlich, als Flüchtling hergekommen, oft sogar noch ausreisepflichtig. Die Profile der mutmaßlichen Täter checken jede Box des aktuellen Wahlkampfthemas.
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Denn genau darüber diskutiert Deutschland in Bezug auf die Bundestagswahl am 23. Februar 2025: Es geht nicht um die vielen realen Probleme wie die auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, dem Zugang zu medizinischer Versorgung, dem Klima oder den Schutz von Menschenrechten. Es geht auch nicht um Fluchtursachen, um die Bedingungen, unter denen Menschen fliehen. Und es geht auch nicht wirklich um Migration, auf die Deutschland und sein Wohlstand ja eigentlich so bitter angewiesen sind. Deutschland diskutiert ausschließlich über die Frage, wie Menschen effektiver abgeschoben werden könnten und welche Partei es am besten machen würde. Am Ende gewinnen jene, die den besten Aktionsplan vorlegen. Wenn man sich diese Realität vor Augen führt, gewinnt die Frage, wem diese Anschläge nützen, eine besondere Dringlichkeit, weil sie das Objekt des einzigen Wahlkampfthemas sind.
Einfluss aus Russland
Nun, damit man über eine Bedrohung sprechen kann, müsste sie im besten Fall wirklich vorhanden sein. Dass etwas nicht vorhanden ist, hielt Rechtsextreme allerdings bisher auch nicht davon ab, darüber zu sprechen und die Politik in diese Richtung zu entwickeln. Wenn ein Wahlkampf allerdings richtig erfolgsversprechend sein soll, muss er sich an greifbare Tatsachen festlegen lassen. Im Gespräch mit Phoenix sagt Jörg Trauboth auch in Bezug auf die Häufung der Anschläge: „Ich glaube diese Massierung ist gesteuert und hat Auftraggeber.“ Damit solle der Wahlausgang beeinflusst werden. Realitäten können ja schließlich auch geschaffen werden.
Einer gemeinsamen Recherche von Der Spiegel und The Insider zufolge zahlten russische Agenten in Afghanistan für Anschläge der Taliban. Die betreffenden „Kopfjäger“ sollen heute mehrheitlich in Russland leben. Nun befinden sich allerdings wohl mindestens zwei jener Männer, die in diesem Netzwerk aktiv sind, in Deutschland als sogenannte „abgelehnte Asylbewerber“. Sie seien an einer Jahre dauernden Operation des russischen Militärgeheimdiensts GRU zur Destabilisierung Afghanistans beteiligt. Moskau habe jene Terroranschläge mit Prämien in Höhe von vielen Millionen Dollar unterstützt und für die Bezahlung Tarnfirmen eingesetzt.
Nun fand also das Rechercheteam heraus, dass mindestens zwei Männer, die von Moskau als Terroristen beschäftigt werden, sich in Deutschland aufhalten. Sind es wirklich nur zwei? Oder könnten es eventuell auch mehr sein? Könnte diese Häufung von Terroranschlägen etwas mit ihrem Terrornetzwerk zu tun haben? Es wäre die Verantwortung der deutschen Sicherheitsbehörden, diesen Fragen schnell und gründlich nachzugehen. Die Recherche wäre unter normalen Bedingungen ein riesiges Warnzeichen, allerdings gab es kaum ein Echo. Das ist unerträglich.
Was hilft nun?
Ganz unabhängig von Russland wäre ein gründlicher Blick auf jedem der mutmaßlichen Täter auch in Bezug auf die AfD sinnvoll. Auch wenn die anderen Parteien – zumindest in Teilen als Lippenbekenntnis – eine Zusammenarbeit mit der AfD ausschließen, hilft ihre Annäherung an die AfD-Positionen den Faschist*innen. Das bedeutet, dass die wahre Gewinnerin dieser Wahl eigentlich die AfD sein wird, auch wenn sie nicht regieren darf oder kann. Darüber hinaus macht die Partei häufig Schlagzeilen mit sehr hohen Parteispenden, deren Ursprünge teilweise unklar sind. Sie erhält zudem Übersee-Unterstützung von Elon Musk, des reichsten Mannes der Welt, der gerade nach und nach den US-Staat torpediert und übernimmt.
Also, um nochmal zurück zu der Ausgangsfrage zu kehren: Wem nützen diese Anschläge? Vor allem der AfD, auch wenn sie nichts mit ihrer Durchführung zu tun haben soll. Und im Hinblick auf das große Bild, nützen sie auch Putin, Musk und allen anderen Faschist*innen der Welt. Was müssten wir dagegen machen? Wir müssen zusammenhalten. Das klingt schön, aber wie sieht ein Zusammenhalt in Praxis aus? Es wäre schon sehr viel gewonnen, wenn alle ihren eigenen Handlungsraum so effektiv wie möglich nutzen würden. Aufklären, recherchieren, zur Rechenschaft ziehen, sprechen, wählen. Was noch? Wir müssen beim Thema bleiben. Wir dürfen uns nicht länger von den realen Problemen und in Nebenschauplätze ablenken lassen. Und wir müssen am 23. Februar so wählen, dass die Faschist*innen ein richtiges Problem damit haben.