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Wie ein Frauenhilfeverein in Köln den Einsparplänen die pinke Karte zeigt 

Die Stadt Köln wollte bei der Gewaltschutzhilfe massiv einsparen. Der Frauenhilfeverein FrauenLeben e.V. konnte dies verhindern. Wie ihnen das gelungen ist und was eine pinke Bank damit zu tun hat, erzählt Stephanie Lange, Beraterin bei FrauenLeben e.V., im Interview.

Demonstration für Frauenrechte und Gleichberechtigung, Menschen halten Schilder mit feministischen Botschaften beim Protest. Vordergrund zeigt Plakat mit "Women's Rights are Human Rights".
Demonstrant*innen auf einer Demo zum Weltfrauentag. Der Weltfrauentag wird jährlich am 8. März gefeiert und entstand als Initiative sozialistischer Organisationen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung. Foto: IMAGO / Panama Pictures

Allein in Deutschland gibt es täglich einen Femizid. Gewalt gegen Frauen nimmt überall zu. Das zeigen Statistiken des Bundeskriminalamts, veröffentlicht im November 2024. Dennoch plante Köln im selben Monat, bei der Gewaltschutzhilfe massiv zu sparen. Die betroffenen Frauenhilfeeinrichtungen erfuhren davon aus der Zeitung – ohne jede Vorwarnung. Für viele geht es plötzlich um ihre Existenz. Die geplanten Kürzungen hätten auch den Frauenhilfeverein FrauenLeben e.V., eine der ältesten Frauenberatungsstellen Deutschlands, treffen sollen.

Spätestens 2026 hätte der Verein schließen müssen. „Wir brauchten zwei Tage, um den Schock zu verarbeiten“, erzählt Stephanie Lange – die Mutter der Beraterin bei FrauenLeben e.V. hat den Verein 1981 mitgegründet.  Zwei Tage später dann die Entscheidung, sie müssen etwas tun: Anfang Dezember starteten sie eine Petition auf WeAct, sammelten über 16.000 Unterschriften und informierten Medien und Entscheidungsträger*innen. Gemeinsam forderten sie von der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker: „Keine Sozialstreichungen auf Kosten von Frauen in Notlagen!“

Alles musste schnell gehen, schon Ende Februar wollte die Stadt final über den Haushalt entscheiden. Der Einsatz hat sich gelohnt: Die Stadt hat die Kürzungen in der Gewaltschutzhilfe zurückgenommen. Wie dieser Erfolg gelungen ist, davon erzählt Stephanie Lange im Interview.

Stephanie, die Petition hat viel bewirkt – aber ihr habt auch echt viel dafür getan. Wie habt ihr denn so viele Unterschriften gesammelt?

Die meisten Unterschriften kamen durch das WeAct-Team rein, das die Petition über den E-Mail-Verteiler von Campact in Köln beworben hat. Das war eine richtig schöne Überraschung, als WeAct uns kontaktiert hat – wir wussten bis dahin nicht, dass reale Menschen hinter der Plattform stecken. 

Aber wir haben auch selbst fleißig gesammelt. Beispielsweise haben wir Flyer mit QR-Codes an Unis verteilt und in Cafés ausgelegt. Besonders dankbar sind wir auch, dass eine Aktivistin die Petition auf ihrem Instagram-Kanal „TheMondayTalks“ mit über 70.000 Follower*innen geteilt hat. Weil sie selbst in der Gewaltschutzhilfe gearbeitet hat und ursprünglich aus Köln kommt, lag ihr die Sache besonders am Herzen.

Es gab ein paar Medienberichte über Eure Petition, sogar im WDR. Wie habt ihr das geschafft?

Abgesehen von den vielen Unterschriften hat sicherlich der Zeitpunkt geholfen: Eine Woche, nachdem wir die Presse über die Petition informiert hatten, gab es in Frankreich das Urteil im Fall Gisèle Pelicot. Und nur einen Monat vorher hatte das Bundeskriminalamt das neue Lagebild zu Straftaten gegen Frauen vorgestellt und erstmalig selbst von Femiziden gesprochen. Der Diskurs rund um das Thema Gewalt gegen Frauen hatte also nochmal so richtig Fahrt aufgenommen und unsere Petition hat da natürlich gut reingepasst. Die Medien wollten wissen, wie es um den Gewaltschutz hier vor Ort, in Köln und Nordrhein-Westfalen, aussieht.

Ihr habt die Petition auch mehrmals an Mitglieder des Stadtrats übergeben. Inwiefern hat das aus Deiner Sicht zum Erfolg beigetragen?

Mit den Entscheidungsträger*innen nochmal ganz direkt in den Austausch zu gehen, hat den Druck immens erhöht. Wir haben das von verschiedenen Seiten gemacht: Zuerst haben wir an den Sozialdezernenten und einige gleichstellungspolitische Sprecher*innen übergeben. Danach haben wir die Mitglieder des Finanzausschusses angefragt. 

Wir standen mit mehreren betroffenen Einrichtungen und ca. 150 Leuten am Tag der Sitzung des Finanzausschusses direkt vor dem Rathaus. Sogar der Kölner CDU-Vorsitzende konnte uns dann nicht ignorieren und nahm die Petition neben Vertreter*innen der Grünen, SPD und Volt spontan auch noch entgegen.

Was hatte es denn mit der pinken angestrichenen Bank auf sich, die ihr bei der Petitionsübergabe dabei hattet?

Der Verein FrauenLeben bei einer Protestaktion - im Vordergrund eine pinke Bank: " Kein Platz für Kürzugen bei Frauen in Not." steht darauf.
Die pinke Bank und eine Tanzperformance bei der Aktion vor dem Rathaus. Foto: FrauenLeben e.V.

Mehrere Kommunen machen mittlerweile bei der Aktion „Orange Bänke gegen Gewalt an Frauen“ mit, um so Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen. Wir haben die Bank als Symbol aufgegriffen und sie pink angestrichen – passend zu dem #Fempörung-Schriftzug auf pinkem Hintergrund, den wir als Petitionsbild genutzt und auf Schilder gedruckt haben. Zusätzlich waren unsere Westen pink. Damit wollten wir unseren Protest wirklich unübersehbar machen und starke Bilder für die Presse kreieren.

In Köln ist Euch für zwei Jahre Unterstützung zugesichert. Was wünschst Du Dir von der neuen Bundesregierung in Sachen Gewaltschutz?

Wir sind sehr erleichtert, dass der alte Bundestag das Gewalthilfegesetz vor den Neuwahlen doch noch verabschiedet hat. Gleichzeitig bricht es uns das Herz, dass auf Drängen der CDU trans, inter und non-binäre Personen vom Schutzanspruch ausgeschlossen wurden. Und der Zeitpunkt ist ernüchternd: Erst ab 2032 soll das Vorhaben umgesetzt werden. Das ist zu spät. Ich wünsche mir sehr, dass die nächste Bundesregierung hier nachbessert und die Gewaltschutzhilfe auch vor 2032 ausreichend finanziert.

Abschließend: Welche drei Tipps hast Du für Menschen, die überlegen, eine Petition zu starten?

Werdet beim Unterschriften sammeln kreativ. Übermittelt Eure Botschaft kurz und plakativ – mit unseren pinken #Fempörung-Schildern sind wir zum Beispiel auch auf der Großdemo aufgefallen. Und: Vernetzt Euch! Es hat enorm geholfen, dass uns auch andere Vereine beispielsweise bei der Verbreitung der Petition und der Petitionsübergabe unterstützt haben. 

Weil wir als eine gemeinsame Bewegung aufgetreten sind, war unsere Schlagkraft nochmal größer. Das Gemeinschaftsgefühl bei der Aktion vorm Rathaus hat auch total gut getan. Und generell: Es lohnt sich. Ich jedenfalls habe durch das alles wieder eine neue Zuversicht gewonnen, dass man doch etwas bewirken kann.


Ob national, lokal oder regional: Mit WeAct startest Du Deine Petition in wenigen Schritten. Langjährige Erfahrung, Expertise rund um Strategie, Kommunikation und Aktionsplanung: Erfahrene Campaigner*innen teilen ihr Wissen mit Dir und unterstützen Dich dabei, Deine Petition zum Erfolg zu bringen. 

Ganz wichtig: WeAct hat keinen Platz für Rechtspopulist*innen oder andere Demokratiefeinde. Wir unterstützen Petitionen, die sozialen, ökologischen und demokratischen Fortschritt voranbringen. Reichweite und Beratung kann man bei WeAct nicht kaufen – wir setzen uns aus Überzeugung für Deine Petition ein!

Du möchtest gerne eine schlagkräftige Petition auf die Beine stellen, weißt aber nicht wie? Hier findest Du Tipps, damit Deine Petition ein Erfolg wird. 

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Autor*innen

WeAct ist die Petitionsplattform von Campact – einer Kampagnen-Organisation, die sich mit über drei Millionen Menschen für progressive Politik einsetzt. Im Campact-Blog berichtet das Team von WeAct regelmäßig über laufende Petitionen und aktuelle Erfolge. Alle Beiträge

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