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Was für ein Moment: Mamdanis Siegesrede, der Jubel auf den Straßen, der bis über die Dächer der Stadt hallte. „Das ist der Beginn einer neuen Ära“, rief er. „Für all die hart arbeitenden Menschen, denen erzählt wurde, dass die Macht nicht in ihre Hände gehört, sondern in die derjenigen mit großem Geld und kleinen Ideen. Die Zukunft liegt jetzt in unseren Händen. Wir haben eine politische Dynastie zu Fall gebracht.“

Berührende Worte – und tatsächlich: Mamdanis Erdrutschsieg ist ein Grund zur Hoffnung und ein klares Signal gegen Donald Trump. In dessen ehemaliger Homebase, der Bankenmetropole schlechthin, gewinnt nun ein 34-jähriger demokratischer Sozialist. Zohran Mamdani ist der erste muslimische Bürgermeister der Stadt und hat ein Programm, das einen echten Unterschied in der Lebensrealitäten vieler Menschen macht: bezahlbare Mieten, höhere Löhne, kostenlose Busse und Kinderbetreuung.

Wie Mamdani den Wahlkampf gewann

Wie hat er das geschafft? Zum einen mit einem klaren inhaltlichen Fokus und zum anderen mit einer Social-Media-Kampagne und einer Rhetorik, die neue Maßstäbe gesetzt hat.

Keine Anbiederung an Trump oder das Establishment

Inhaltlich hat sich Mamdani weder Trump angebiedert noch dem zögerlichen Establishment der Demokraten. Mehr noch: Er hat sich geweigert, sich „dafür zu entschuldigen, wer ich bin“. Auf Attacken reagierte er selbstbewusst und sprach über Themen, die Millionen betreffen. Und über alle kulturelle Differenzen hinweg verbinden. Dabei hat er den klaren Anspruch formuliert: New York progressiv regieren. Nicht den Status Quo ein bisschen anders zu verwalten, sondern ihn gemeinsam und im Interesse der Mehrheit grundlegend zu verändern. Sein Sieg ist eine Absage an die Idee, man müsse sich nach rechts anpassen, um Rechtspopulisten zu besiegen.

Eine Kampagne voller Hoffnung und Authentizität

Die Kampagne von Mamdani vermittelte diesen Fokus auf eine nahbare und zugleich hoffnungsvolle Art. Mamdani sprach aus dem Alltag der New Yorker: über unzuverlässige Bahnen, steigende Preise – und über die Eigenheiten und Liebenswürdigkeit der Stadt. Und immer mit der Hoffnung, dass dieses Leben zusammen verbessert werden kann – und einem konkreten Plan, wie das geht. 

Dazu kamen professionelle Videos, die ihn vor allem in Kontakt mit ganz unterschiedlichen New Yorker*innen gezeigt haben. Wichtig war dabei weniger HD-Produktion als Authentizität. Zehntausende Freiwillige unterstützten ihn mit Haustürwahlkampf in ihren Nachbarschaften. Und dann war da noch Mamdanis Charisma: seine Art zu reden, die so auf den Punkt ist, dass sie sich von vielen Politikerreden in Deutschland abhebt.

New York ist nicht Gelsenkirchen

Nun kann man zu Recht einwenden, dass New York nicht Gelsenkirchen ist. Auch unsere politische Kultur und unser Wahlsystem sind anders. Aber wir haben den Erfolg ähnlicher Ansätze vor kurzem auch in Europa gesehen: Ende Oktober in den Niederlanden. Dort nahm Rob Jetten mit seiner sozialliberalen Partei D66 dem Rechtspopulisten Geert Wilders die Führungsposition im Parlament ab. Nicht, indem er Wilders Parolen kopierte, sondern indem er ihnen klar widersprochen hat. Auch Jettens Kampagne erinnerte, ebenso wie Mamdanis, an Obama: selbstbewusst, optimistisch, konfliktbereit – und mit einem alltagsnahen Reden über Integration statt hysterischer Hetze.

Was wir von Mamdani und Jetten lernen können

Es ist kein Zufall, dass beide Erfolge – trotz aller Unterschiede im Detail – Ähnlichkeiten haben: eigene Themen setzen, statt rechte Frames übernehmen. Positive Vision und konkrete Problemlösungen statt Untergangsrhetorik. Und die klare Ansage: Wir haben keine Angst.

Nicht die AfD-Agenda kopieren

Was können wir daraus lernen? Nicht die AfD-Agenda kopieren, das macht sie nur stärker. Ein Blick auf die Umfragen der letzten Monate belegt das: Seit Beginn der neuen Legislaturperiode gibt sich die Union große Mühe, mit Abschiebungen und Grenzkontrollen eine „Migrationswende“ zu inszenieren. Von der Wahl neuer Bundesverfassungsrichterinnen bis zum Klimaschutz nimmt sie immer wieder rechtspopulistische Kampagnen auf. All das, um sich als demokratische Alternative zur AfD anzubieten. Doch sie verliert an Zustimmung, während die AfD wächst. Kein Wunder: Mit dem faschistischen Original können Demokrat*innen in puncto Rücksichtslosigkeit auf die Dauer nicht konkurrieren. 

Landtagswahlen 2026: AfD stoppen

2026 will die AfD erstmals ein Bundesland regieren – dafür steckt sie allein in Sachsen-Anhalt 1,5 Millionen Euro in den Wahlkampf. Mit dem NoAfD-Fonds kontern wir jeden Euro der Rechtsextremen. Ab einer Spende von 50 Euro kannst Du ein Dankeschön von Marc-Uwe Kling erhalten.

Weg von Symbolpolitik, hin zu echten Lösungen

Was folgt daraus für uns als Zivilgesellschaft? Wir sollten dringend wegkommen von Symbolpolitik, auch in ihrer progressiven Variante. Statt uns über die neuesten Entgleisungen des Boomers in Chiefs, Friedrich Merz, zu empören, sollten wir über die Themen sprechen, die uns wirklich bewegen: Klimaschutz, der Städte lebenswerter macht. Ein Sozialstaat, der Menschen stärkt, statt sie fertig zu machen. Und eine Sprache, die nicht nach unten tritt, sondern verbindet – mit einer klaren Vision für eine bessere Zukunft.

Hoffnung organisieren statt aufgeben

Für Campact e.V. ist das von zentraler Bedeutung. Gegen den Rechtsdrift brauchen wir eigene Projekte, eigene Sprache, eigene Mehrheiten – und den Mut, für sie zu kämpfen. Mamdanis Erfolg zeigt: Hoffnung fällt nicht vom Himmel. Aber sie lässt sich organisieren.

Dann ist nicht ausgeschlossen, dass der Songwriter Leonard Cohen mit seinem berühmten Song doch noch Recht behält: „First we take Manhattan, then we take Berlin.“

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Autor*innen

Christoph Bautz ist Diplom-Biologe und Politikwissenschaftler. Er gründete 2002 gemeinsam mit Felix Kolb die Bewegungsstiftung, die Kampagnen und Projekte sozialer Bewegungen fördert. 2004 initiierte er mit Günter Metzges und Felix Kolb Campact. Seitdem ist er Geschäftsführender Vorstand. Zudem ist er Mitglied des Aufsichtsrats von WeMove, der europaweiten Schwesterorganisation von Campact, sowie der Bürgerbewegung Finanzwende. Alle Beiträge

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