Digitalisierung Umwelt
Habt ihr auch ungenutzte Smartphones in der Schublade?
Ihr habt ungenutzte Smartphones rumliegen und wisst nicht, was ihr mit ihnen anstellen sollt? Ein neues Online-Tool hilft Euch. Falls das Gerät wirklich am Ende ist, bleibt Recycling als letzte Option. Es lohnt sich, genau hinzusehen, wo ihr Eure alten Geräte abgebt.
Was habe ich mich geärgert, als mir neulich mein Smartphone einmal zu viel runtergefallen ist. Diese Geräte sind aber auch gebrechlich, trotz Schutzglas und wirklich sehr dicker Hülle. Als erste Hilfe habe ich meine unmittelbare Umgebung nach einem Telefon abgesucht, um weiter erreichbar zu sein. Eifrig steckte ich diverse angesammelte Altgeräte an Netzteile, um zu sehen, ob sie noch starten. Von fünf Geräten funktionierte noch eins, wenn auch mit äußerst schwachem Akku. Moment mal – hier verstauben fünf kaputte Telefone in Schubladen? Die sollten aber mal schleunigst recycelt werden. Das war dann auch der Einstieg in den Kaninchenbau, in dem ich seitdem eine Antwort suche auf die Frage: Wie und wo kann ich alte Smartphones ökologisch recyceln lassen? Und warum schlummern nach wie vor schätzungsweise mehr als 200 Millionen ungenutzter Schlafhandys in bundesdeutschen Haushalten, Tendenz steigend?
Bei alten Handys anfangen und beim aktuellen Smartphone weitermachen: Wie Du erfolgreich einen digitalen Frühjahrsputz durchführst, liest Du in diesem Beitrag von Friedemann Ebelt.
Hilfe bei der Diagnose
Der Akku hat ausgedient. Oder sind auch die Knöpfe kaputt? Display gerissen – lohnt sich eine Reparatur? Ich will noch die Daten retten und bis dahin bewahre ich das Gerät sicher in dieser Schublade auf. Eigentlich funktioniert das Telefon noch, aber die Banking-App nicht mehr. Da sind noch meine Daten drauf – das kann ich so nicht einfach irgendwo abgeben. Und wo überhaupt? Keine Zeit, mich um Altlasten zu kümmern, ich muss mir erstmal dringend ein neues Gerät beschaffen.
Leider macht es die „unsichtbare Hand des Marktes“ deutlich leichter ein neues Telefon zu kaufen, als ein altes vernünftig zu versorgen. Dabei hilft uns jetzt das Browser-Tool HandyCheck von mobilsicher.de. Es fragt nach Typ und Zustand eines Smartphones, gibt anschließend Tipps für Reparatur oder Recycling.
Der Urban Mining-Schatz
Der Handyfriedhof, den wir in unseren Schubladen erzeugen, ist gigantisch, weil wir die Geräte, die wir angeblich so lieben, nicht lange leben lassen. Nach nur ein bis drei Jahren Nutzung nehmen wir ein neues Telefon zwischen die Daumen und fragen nicht nach morgen. Nur 30 bis 40 Prozent unserer Elektrogeräte geben wir in eine Sammlung. Und auch von da ist der Weg in den Rohstoffkreislauf weit, teuer, energieaufwändig und umweltbelastend. Unsere Sammel- und Recyclingquote ist miserabel im Vergleich zu den stattlichen Verkaufszahlen von etwa 20 Millionen Smartphones pro Jahr.
Kulturpessimistisch gesagt produzieren wir am Fließband High-End-Elektroschrott von übermorgen – geplante Ressourcenvernichtung aus Bequemlichkeit. Optimistisch gesehen ersetzen diese Geräte Fotoapparate, Videokameras, Musik-Player, Taschenrechner, Taschenlampen und vielleicht sogar zunehmend den Desktop-PC oder Laptop und schließlich können sie zukünftig, dank Druck von NGOs und Gesetzgeber, zunehmend besser repariert und recycelt werden. (2025 kommt das Recht auf Reparatur.) Produzenten wie Konsumenten sind Weltmeister im will-haben – aber entschuldigen sich, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen.
Was schlummert da in der Schublade?
Im Schnitt stecken etwa 100 bis 300 Milligramm Silber, 25 Milligramm Gold und viele weitere kostbare Metalle in einem Smartphone. Gold ist der werthaltigste und offensichtlichste Rohstoff, den Menschen an einigen Orten der Welt mit Schraubendreher, Gasbrenner, Hammer, Schwefel- und Salpetersäure auf Kosten von Gesundheit und Umwelt herausholen. Eine Tonne alter Smartphones, das sind etwa 9.000–10.000 Stück ohne Akku, enthält etwa 250 Gramm Gold – dafür müssten mehr als 60 Tonnen Golderz abgebaut werden.
Professionell können durch Recycling auch geringe Mengen an Platin und Palladium zurückgewonnen werden. Schluss ist bei den sogenannten seltenen Erden. Die enthaltenen Mengen sind gering und die Rückgewinnung ist aufwendig. Noch ist Neugewinnung aus Bergbau billiger als Recycling. Das Periodensystem kennt 94 natürlich vorkommende Elemente – 66 davon stecken in unseren Smartphones. Alle umständlich aus der Erde geholt. Würden wir dieses ökologische Gewicht von 75,3 Kilogramm wirklich tragen, könnten wir keinen Schritt mit einem Smartphone in der Hand gehen und unsere Schubladen würden zusammenbrechen.
Was entsorgen wir eigentlich?
Mich belastet der immense Energie- und Rohstoffgehalt von Smartphones. Insofern bezieht sich das Wort Entsorgung nicht auf die Geräte, sondern auf das Gewissen. Es gibt so ein Gefühl der Erleichterung, wenn Elektroschrott endlich weggebracht ist. Hauptsache endlich weg damit. Wir entledigen uns unserer Umwelt-Sorgen, wenn wir die Reste unseres Konsums entsorgen.
Aber wir dürfen uns nichts vormachen: Recycling ist eine tolle Sache, aber es bleibt ein ökologisches Verlustgeschäft. Kein Recyclingsystem kann die Umweltschäden, die die Produktion von Smartphones und anderen Geräten verursacht, kompensieren oder gar beheben. Recycling ist der Versuch einer nachträglichen Schadensminimierung. Wirksamer ist es, die Ursachen zu minimieren: die Produktion und den Verbrauch von Smartphones. Was machen wir jetzt also mit den Smartphones in unseren Schubladen?
Länger nutzen und Neukauf vermeiden
Ich denke, es hilft, sich den ökologischen Wert der digitalen Alltagshelfer bewusst zu machen, um ihre Lebenszeit zu verlängern. Schutzfolien, sehr stabile Schutzhüllen, richtiges Laden, vorsichtiger Umgang und bewusste Wahl bei Hard- und Software helfen, die Lebenszeit zu verlängern. Mit hilft es auch, mein Smartphone mit einem freien Betriebssystem, einem Custom-ROM auszustatten – den Aufwand will ich so selten wie möglich haben! Ich will, dass es so lange wie möglich läuft und ich will, dass Banking-Apps und Co. kompatibel sind. Wenn Neukauf: Klar, dann ein möglichst faires und nachhaltiges Produkt wählen, für das lange Updates zur Verfügung gestellt werden.
Kommerzielles Recycling
Falls ein Gerät nicht mehr verschenkt, verkauft, repariert oder gespendet werden kann und sich auch nicht mehr als Hörspielplayer oder Babyphon nutzen lässt, ist es Zeit, es zu einer Sammelstelle zu bringen. Annahmestellen sind größere Geschäfte für Elektronikartikel oder Supermärkte. Auch die Telefonanbieter und Hersteller haben Rückgabeprogramme. Die Hersteller stehen in der Produktverantwortung, das heißt, sie müssen dafür sorgen, dass Geräte kostenlos abgegeben und recycelt werden können. Aus Herstellersicht ist Recycling eine Pflicht und ein Kostenfaktor. Deswegen sind sie daran interessiert, Recycling möglichst kostengünstig abzuwickeln. Nur etwa 1,9 Prozent der Geräte werden hier wiederverwendet.
Aus Sicht der Öffentlichkeitsarbeit kann ein Recycling-Programm lohnend sein, aber an einer geringeren Produktion von High-End-Elektroschrott haben Hersteller kein Interesse. Sie wollen möglichst viel produzieren und verkaufen und das ist der Anfang des Problems.
Recycling mit Umweltfokus
Nachhaltiger arbeiten Sammelprojekte mit Umweltfokus. Hier ist das Hauptziel die Wiederverwendung von Geräten und von Bauteilen. Geräte werden schonend erfasst, auf Nutzbarkeit geprüft, wenn möglich, repariert oder als Ersatzteile weiterverwertet. Die letzte Station ist ein hochwertiges Recycling mit bestmöglicher Schadstoffentsorgung. Auf diesem Weg werden etwa 10 bis 15 Prozent der Geräte weiterverwendet. Nach 10 Jahren Mobile Box musste die Deutsche Umwelthilfe ihr Sammelprojekt für Privathandys vorerst pausieren, arbeitet aber an einer neuen Lösung. Auch der NABU arbeitet an einer Nachfolge für das Projekt Handys für Hummel, Biene und Co. und empfiehlt: „Bitte geben Sie gesammelte Handys beim lokalen Wertstoffhof ab“. Das ist nur für wirklich unbenutzbar kaputte Handys eine gute Adresse, weil hier in der Regel nicht geprüft und aussortiert wird. Wer noch nutzbare Telefone hat, findet beim HandyCheck von mobilsicher.de Empfehlungen für die Handyspende.