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Demokratie stärken, Lobbyregeln durchsetzen!

Lobbyregeln werden in den Institutionen der EU nicht ernst genug genommen, denn Verstöße werden nicht konsequent aufgedeckt und geahndet. Darum fordert LobbyControl eine unabhängige Kontrollbehörde mit Biss.

Ein Wegweiser mit der Aufschrift Ethikbehörde und dem Symbol der EU
Statt eines freiwilligen Ethikrates braucht die EU eine Lobbykontrolle mit Biss. Foto: IMAGO / Steinach

Die Vorwürfe gegen den EU-Abgeordneten der AfD, Maximilian Krah, erinnern uns erneut daran, wie aggressiv autoritäre Staaten wie China und Russland versuchen, unsere Demokratie zu schwächen und die Politik der Europäischen Union in ihrem Sinne zu beeinflussen. Dabei liegt der bisher größte Korruptionsskandal der Geschichte des EU-Parlaments erst knapp eineinhalb Jahre zurück: Katargate. Abgeordnete sollen gegen Koffer voller Geld die Interessen Katars, Marokkos und Mauretaniens im Parlament vertreten haben.

Reform unzureichend

Lobbyregeln, wie beispielsweise zum Umgang mit Interessenkonflikten, können ein wirksames Mittel zur Korruptionsprävention sein. Doch trotz der Empörung nach Bekanntwerden von Katargate wurden die EU-Lobbyregeln nicht ausreichend reformiert. Vor allem aber werden sie weiterhin weder kontrolliert noch durchgesetzt. Deshalb ist es dringend nötig, dass die EU eine unabhängige Kontrollbehörde schafft.

Noch nie wurde eine Sanktion für einen Verstoß gegen die Regeln für Integrität und Transparenz im EU-Parlament verhängt. So müssen Abgeordnete zwar eigentlich ihre Lobbytreffen veröffentlichen. Dass aber beispielsweise die Mehrheit der AfD-Abgeordneten dies trotzdem gar nicht oder nur sporadisch tut, bleibt bislang folgenlos.

Fehlende Kontrollen

EU-Parlamentarier:innen ist es laut Verhaltensregeln verboten, zusätzlich zu ihrem Mandat Lobbyjobs anzunehmen. Kontrolliert wird dieses Verbot aber offenbar nie. Und so gehen einige Abgeordnete fragwürdigen Nebentätigkeiten nach, die zu Interessenkonflikten führen können – darunter auch der CSU-Parlamentarier Markus Ferber. Er soll Unternehmen bei der Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie beraten haben, die er als Abgeordneter maßgeblich mitgestaltet hat. Mitarbeiter:innen der Parlamentsverwaltung und ein Gremium aus Abgeordneten hätten dies untersuchen und gegebenenfalls sanktionieren müssen. Die Führungsspitzen des Parlaments haben dies jedoch gerade erst abgelehnt.

Das EU-Parlament hat dieses Defizit an Kontrolle und Durchsetzung erkannt. Nun wurde ein neues Ethikgremium auf den Weg gebracht. Das neue Gremium soll die Einhaltung der Regeln mit überwachen, die Prüfung und Durchsetzung bleibt aber nach dem Willen der EU-Kommission weiterhin den einzelnen Institutionen überlassen. Nur wenn diese es wünschen, können sie das neue Ethikgremium im Einzelfall um Rat fragen. Dessen Empfehlungen können sie dann aber in der Schublade verschwinden lassen. Es wurde also ein weiteres beratendes Gremium ohne Biss geschaffen – aus Sicht von LobbyControl und Transparency International ist das eine völlig unzureichende Antwort auf die Skandale der letzten Zeit.

EU braucht Kontrollbehörde mit Biss

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Die Durchsetzung der Lobbyregeln muss daher nach der Europawahl erneut angepackt werden: Die EU braucht eine unabhängige Kontrollbehörde mit Biss. Neutrale Expert:innen müssen aus eigener Initiative kontrollieren und Strafen aussprechen dürfen. In Frankreich übernimmt diese Aufgabe seit einigen Jahren die „Hohe Behörde für Transparenz im öffentlichen Leben“. Sie prüft zum Beispiel die Erklärungen über Vermögen und finanzielle Interessen von Abgeordneten. Sie überprüft auch die Einhaltung der Regeln für Abgeordnete, kontrolliert Seitenwechsel und führt das französische Lobbyregister. Darüber hinaus stellt die französische Behörde der Öffentlichkeit Informationen zu Lobbyismus bereit, berichtet ausführlich über ihre Prüfaktivitäten und macht Vorschläge, wie sich Lobbyismus besser regulieren ließe. Eine solche Lobbykontrollbehörde ist ein wirksames Mittel, um Verstöße gegen Lobbyregeln öffentlich zu machen, und sie schafft Vertrauen in die Politik.

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Autor*innen

Imke Dierßen ist Politikwissenschaftlerin. Sie arbeitete viele Jahre bei Amnesty International als Referentin und Abteilungsleiterin. Dort hat sie gelernt, wie schwierig es für die Zivilgesellschaft sein kann, sich gegen einflussreiche Akteure aus Politik und Wirtschaft durchzusetzen. Seit 2015 ist sie politische Geschäftsführerin von LobbyControl. Für den Campact-Blog schreibt sie über Lobbyismus und politische Machtungleichgewichte. Alle Beiträge

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