Rechtsextremismus
Wie gegen rechte Gewalt wehren?
Ob Schlägertrupps oder Hetze im Internet: Immer mehr Menschen sind von rechtsextremen Angriffen betroffen. Wie soll man sich dagegen wehren? Kann und sollte man das überhaupt? Was Du tun kannst und welche Hilfsangebote es gibt.
Rechte und rechtsextreme Straftaten haben 2024 einen neuen Höchststand erreicht. Überall, ob im Internet oder auf der Straße, häufen sich tätliche Angriffe. „Nicht klein beigeben“ und „Rechtsextremismus und rechter Gewalt keinen Raum geben“ klingt oft einfacher, als es ist. Hier zeigen wir, was Du in verschiedenen Situationen tun kannst.
Willkommen im Campact-Blog
Schön, dass Du hier bist! Campact ist eine Kampagnen-Organisation, mit der über 3 Millionen Menschen für progressive Politik streiten. Im Campact-Blog schreiben das Team und ausgezeichnete und versierte Gast-Autor*innen über Hintergründe und Einsichten zu progressiver Politik.
Du wirst Zeug*in rechter Gewalt
Du bekommst mit, wie auf der Straße, auf einer Party oder im Zug jemand von einem oder mehreren Personen mit rechten Motiven angegangen wird. Eine gefährliche Situation, in der Du trotzdem handeln kannst und solltest, ohne Dich selbst in Gefahr zu bringen.
- Aktiviere andere Menschen um Dich herum. Manche Menschen brauchen einen Schubs, um Zivilcourage zu zeigen oder trauen sich nicht allein. Sprich umstehende Menschen an, mit zu unterstützen – je mehr Leute sich gegen die Angreifer stellen und als offensichtliche Zeugen auftreten, desto eindrucksvoller. Direkte Ansprache hilft dabei: „Sie im blauen Hemd, helfen Sie mit!“
- Sprich jemanden an, der eine Autoritätsperson (Veranstalter*in, Zugbegleiter*in, Polizei) alarmiert, während Du am Ort des Geschehens bleibst: „Sie, mit der roten Tasche: Rufen Sie die Polizei!“
- Beobachte die Situation genau und versuche, Dir Tätermerkmale einzuprägen.
- Baue räumliche Distanz zu dem Täter oder den Tätern auf. Halte ausreichend Abstand, um keine weitere Gewalt zu provozieren, aber dennoch nah genug zu sein, um zu helfen.
- Signalisiere dem Opfer, dass es nicht allein ist: „Kommen Sie her zu uns, wir helfen Ihnen!“, oder noch vor einer Eskalation: „Möchten Sie sich nicht zu uns hier rüber setzen?“
- Leiste Erste Hilfe, wenn nötig, oder sprich jemanden an, der sich um das Opfer kümmert.
- Stelle Dich als Zeug*in zur Verfügung und fordere andere dazu auf, es ebenfalls zu tun.
Du bist selbst Opfer eines Übergriffs
Wenn Rechte Dich angreifen, denk daran: Ihre Pöbeleien und Gewalt zielen nicht nur auf Dich. Sie greifen Dich stellvertretend an – für Deine Szene, Deine Clique oder einfach, weil Du ein anderes Weltbild hast. Dieses Bewusstsein kann Dir psychologisch schon einen kleinen Schub geben.
Was Du tun kannst und was Du wissen solltest, wenn Du von Rechten beleidigt oder geschlagen wurdest, führt die „Toolbox gegen rechte Gewalt“ sehr ausführlich auf. Dort gibt es auch Verlinkungen zu Beratungsstellen und Hilfe-Organisationen. Bleib mit Deinem Schicksal nicht allein!
„Nazis hassen diese Tricks“
Es gibt einen rechten Kampfsportclub in Deiner Stadt oder einen rechtsextremen Jugendtreff? In solchen Fällen braucht Aktivismus oft einen langen Atem. Die DGB Jugend Niederbayern hat einen umfassenden Überblick zusammengestellt, was es beim Engagement gegen Rechtsextremismus zu beachten gibt. Die Broschüre wendet sich gleichermaßen an Neueinsteigende wie an erfahrene Aktivist*innen.
Das gilt auch für die Situation selbst. Die wichtigsten Tipps im Überblick:
- Versuche, zu deeskalieren. Gehe nicht auf die Pöbeleien ein, provoziere nicht zusätzlich und entferne Dich räumlich von den Täter*innen, falls möglich.
- Sei laut! Mach andere auf den Übergriff aufmerksam. Bitte gezielt um Hilfe. Es ist gut, wenn Du Zeugen hast, die auf Deiner Seite sind und im Zweifel zu Deinen Gunsten aussagen können.
- Wenn Du die Situation als besonders bedrohend einschätzt: Wehre Dich konsequent!
- Sollte es zu Handgreiflichkeiten kommen, schlage mit der flachen Hand oder dem Ellenbogen gezielt zum Gesicht und/oder tritt gegen Schienbeine oder Knie der Angreifer.
- Setze zur Abwehr alles Greifbare (z.B. Tasche, Schlüsselbund) und alles Verfügbare aus der Umgebung (z.B. Stuhl) ein.
Hassrede im Internet und in sozialen Netzwerken
Rechtsextreme tummeln sich zunehmend auf sozialen Netzwerken wie Facebook, X (ehemals Twitter), Instagram und TikTok. Dort finden sie ihre Zielgruppen, die sie ansprechen und für ihre Zwecke gewinnen wollen. Unverblümt greifen sie in Kommentarbereichen andere an, hetzen, beleidigen und stacheln auf. Um sich untereinander zu erkennen, verwenden sie oft Codes und Geheimzeichen. Nutzer können einzelne Kommentare und ganze Profile bei den Plattformen melden.
Ein schwieriges Unterfangen: Bis ein Account gelöscht wurde, sind mehrere neue entstanden. Daher lohnt es sich, gezielt wichtige Accounts ins Visier zu nehmen – etwa solche mit großer Reichweite oder gefährlichen Inhalten. Funktioniert hat das zum Beispiel teilweise bei AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah, dessen Account vor der Europawahl 2024 eingeschränkt wurde.
Die Kriterien, nach denen Anbieter Profile mit rechtsextremen Inhalten löschen, bleiben oft unklar. Dazu kommt, dass Meta (der Mutterkonzern von Facebook, Instagram und Threads, einem Twitter-Pendant) kürzlich verkündet hat, ihre Kooperationen mit unabhängigen Faktenprüfern in den USA einzustellen. Damit möchte Meta „zu den Wurzeln der freien Meinungsäußerung auf Facebook und Instagram zurückkehren“. In Europa schützt uns das Digitalgesetz „Digital Services Act“. Dieses sieht strengere Regeln für Falschinformationen und Hassrede auf Online-Plattformen vor, als das in den USA der Fall ist.
Achte auf Deine eigene Sicherheit: Verwende beim Melden von rechtsextremen Accounts nicht Deinen privaten Account und mach Dir bewusst, welche Gefahren Strafanzeigen in Bezug auf Deine persönlichen Daten mit sich bringen können. Organisationen wie Hate Aid können Dich bei so einem Prozess unterstützen.
Dennoch bleiben die Richtlinien schwer durchschaubar. Als Faustregel kann gelten: Wiederholte Verstöße gegen die Nutzungsrichtlinien, offensichtliche Strafbarkeit (zum Beispiel Drohungen, Verleumdung oder Rufschädigung), viele Meldungen durch aufmerksame Nutzer*innen, Presseanfragen oder die Intervention von Sicherheitsbehörden erhöhen die Chance, dass ein Account dauerhaft gelöscht wird. Koordinierte Meldeaktionen, Strafanzeigen bei der Onlinewache und öffentlicher Druck (zum Beispiel durch Petitionen) können also nützlich sein.
Was Du sonst tun kannst
Organisationen unterstützen
Alle in diesem Beitrag aufgeführten Organisationen machen sich gegen Rechtsextremismus und rechte Gewalt stark. Die meisten von ihnen sind zivilgesellschaftlich organisiert und spendenfinanziert. Wenn Du die Mittel hast, unterstütze sie mit einer Spende, denn nur so können sie ihre Arbeit weiter fortsetzen:
- Amadeo Antonio Stiftung
- Opferhilfefonds für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
- Lokale Hilfsorganisationen (hier aufgeführt)
- Stiftung Schwarz-Rot-Bunt
- Campact und WeAct
Positionieren, Widersprechen, Solidarisieren
Ob im Parlament, auf der Straße oder im Internet: Rechtsextremismus ist gefährlich und bedroht unsere Demokratie. Campact setzt sich entschlossen dagegen ein – mit Appellen, Demos und Aktionen im Netz.
Mach auch Du Dich stark gegen Rechtsextremismus! Wir unterstützen wir Dich beim Dagegenhalten. Hier findest Du Tipps fürs Gespräch mit AfD-Sympathisant*innen. In unserem WhatsApp-Kanal versorgen wir Dich zudem mit Fakten, Grafiken oder informativen Videos gegen rechtsextreme Propaganda – anschaulich, aufklärend und einfach zu teilen. Und damit Dir in entscheidenden Momenten nicht die Argumente fehlen, findest Du hier 10 Argumente, warum die AfD unwählbar ist.