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Endlich Hoffnung für Flüchtlinge: Bundesverfassungsgericht verhandelt nächste Woche

In einer Woche, am kommenden Mittwoch, verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die seit fast 20 Jahren gesetzlich festgeschriebene Diskriminierung von Flüchtlingen und ihren Kindern. 1993 wurde das Asylbewerberleistungsgesetz erlassen, um weitere Flüchtlinge vor der Flucht nach Deutschland abzuschrecken. Seit fast 20 Jahren wurden die Leistungen darin nicht mehr erhöht, obwohl das Preisniveau seitdem um 31% gestiegen […]

In einer Woche, am kommenden Mittwoch, verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die seit fast 20 Jahren gesetzlich festgeschriebene Diskriminierung von Flüchtlingen und ihren Kindern. 1993 wurde das Asylbewerberleistungsgesetz erlassen, um weitere Flüchtlinge vor der Flucht nach Deutschland abzuschrecken. Seit fast 20 Jahren wurden die Leistungen darin nicht mehr erhöht, obwohl das Preisniveau seitdem um 31% gestiegen ist.

Die Anzahl von Menschen, die vor Unterdrückung, Hunger und Gewalt fliehen müssen, hat das Gesetz nicht gemindert. Dafür leben seit 20 Jahren in Deutschland Menschen in bitterster Armut, weit unterhalb des Hartz4-Niveaus, in Sammellagern und ohne ausreichende medizinische Versorgung. In einigen Bundesländern erhalten Flüchtlinge neben Essenspaketen nur 40,90 Euro Bargeld im Monat. Besonders schlimm ist die Situation für die mehr als 40.000 Flüchtlingskinder (Siehe unser 5 Minuten-Info zum Thema).

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt kommende Woche über zwei Klagen Betroffener, die das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zur Prüfung vorgelegt hat. Bei beiden Klagen ist das Landessozialgericht der Auffassung, das die Vorschriften aus dem Asylbewerberleistungsgesetz gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verstoßen. In einem Fall läge die dem Kläger gewährte Grundleistung um gut 31 % unter den Leistungen, die das Existenzminimum sicherstellen sollen. Es sei damit – vor dem Hintergrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2010 zu den Hartz4-Regelsätzen – evident unzureichend.

Nach dieser Gerichtsentscheidung war klar, dass auch die Regelsätze des Asylbewerberleistungsgesetz überprüft werden müssten. Das hat auch die Bundesregierung eingeräumt. Doch anstatt das diskriminierende Gesetz außer Kraft zu setzen oder zu ändern, blieb die zuständige Ministerin Ursula von der Leyen mehr als zwei Jahre untätig. Und das obwohl unter dem verfassungswidrigen Asylbewerberleistungsgesetz tagtäglich zehntausende Erwachsene und Kinder leiden. Das Bundesverfassungsgericht muss nächste Woche einspringen, weil sich die Regierung weigert, sozial verantwortlich zu regieren.

Das Bundesverfassungsgericht hat zur mündlichen Verhandlung sehr viele Sachverständige eingeladen. Unter anderem wurden auch unsere Kampagnenpartner Pro Asyl und der Berliner Flüchtlingsrat um Stellungnahmen gebeten. Mit der umfassenden Erörterung weist das Gericht dem Thema eine besonders hohe Bedeutung zu.

Das gibt uns Hoffnung. Wir hoffen, dass das Gericht im Sinne der Betroffenen entscheidet und das Asylbewerberleistungsgesetz schlichtweg außer Kraft setzt. Flüchtlinge würden dann automatisch die Leistungen des im Sozialgesetzbuch festgelegten Existenzminimums erhalten.

Wir werden am nächsten Mittwoch in Karlsruhe ab 8:00 Uhr mit einer Presseaktion vor dem Bundesverfassungsgericht demonstrieren. Kommen Sie doch dazu!

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Autor*innen

Dr. Günter Metzges, Jahrgang 1971, ist Politikwissenschaftler und Erwachsenenpäda­goge. Mitgründer von Campact und lange Zeit Mitglied im geschäftsführenden Vorstand. Vorher: Gründung des Ökologischen Zentrums in Verden/Aller und Mitwirkung in verschiedenen politischen Kampagnen. 2000-2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationale und Interkulturelle Studien (InIIS) an der Universität Bremen. Dissertation: „NGO-Kampagnen und ihr Einfluss auf internationale Verhandlungen“ (Nomos Verlag, 2006). Alle Beiträge

3 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Die Betreffenden haben nicht nur finanzielle und damit existentielle Nöte,
    sondern sind auch aufgrund der Erfahrungen mit oft lebensbedrohlichen Situationen in ihren Herkunftsländern ziemlich traumatisiert.
    Und jetzt kommen hier in Deutschland, wo sie sich doch in Sicherheit wähnen, NOCH Existenzängste hinzu …
    Ich sage nur:
    Zum Sterben zu VIEL, zum Leben zu WENIG!
    Wir sind ein wohlhabendes Land und behandeln diese Menschen, die unserer Hilfe bedürfen, so schlecht.
    Deutschland – mit einem überwiegend CHRISTLICHEN Hintergrund …
    Wo bleibt die NÄCHSTENLIEBE?!
    Die Volkspartei mit dem C für christlich im Logo, der Frau von der Leyen angehört, … ist sie noch glaubwürdig?
    Eine wohl NACHDENKENSWERTE Frage …
    Die Antwort kann sich jeder selbst geben – für mich steht sie bereits fest
    und erübrigt sich hier deshalb.
    – – –

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