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Recht oder nicht recht? Über Widersprüche und rote Briefumschläge

„Einen roten Umschlag kann man immer mal gebrauchen. Ich freue mich schon auf meinen“, erklärte ein Bild-Verweigerer auf Facebook. „Ich will weder die Bild noch einen Umschlag vom Axel-Springer-Verlag“, meinte dagegen ein anderer. Auf die Information, dass die Gratis-Bild-Aktion tatsächlich stattfinden soll (wir berichteten in unserem Blog), gab es unterschiedliche Reaktionen. Im Campact-Team haben wir […]

„Einen roten Umschlag kann man immer mal gebrauchen. Ich freue mich schon auf meinen“, erklärte ein Bild-Verweigerer auf Facebook. „Ich will weder die Bild noch einen Umschlag vom Axel-Springer-Verlag“, meinte dagegen ein anderer. Auf die Information, dass die Gratis-Bild-Aktion tatsächlich stattfinden soll (wir berichteten in unserem Blog), gab es unterschiedliche Reaktionen. Im Campact-Team haben wir ausführlich über mögliche weitere Schritte diskutiert. Hilfreich dabei waren die Kommentare und Anregungen, die uns über Facebook und per E-Mail erreichten. Zudem baten wir unseren Anwalt, uns eine juristische Einschätzung der Sachlage zu geben.

Viele Bild-Verweiger/innen haben sich gefragt, ob der Widerspruch nicht auch die Infopostsendung abdeckt und damit die Zusendung des Briefs unzulässig wäre. Nach Einschätzung unseres Anwalts umfasst der Widerspruch die Infopostsendung jedoch nicht unbedingt. Im Widerspruch wird der Axel Springer AG zwar untersagt, die Bild-Zeitung „oder andere Erzeugnisse“ zuzustellen. Diese Formulierung kann jedoch so interpretiert werden, dass sich „andere Erzeugnisse“ nur auf Zeitungen und Zeitschriften bezieht, nicht aber auf andere Druckerzeugnisse wie die Infopostsendung. Deshalb ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Widerspruch die Infopostsendung nicht umfasst. Das ist natürlich ziemliche Haarspalterei, doch auf diese kommt es im Zweifelsfall bei juristischen Fragen oftmals an.

Es ist natürlich möglich, der Zustellung des roten Umschlages zu widersprechen. Wir haben uns aber entschieden, einen derartigen Widerspruch nicht formalisiert über unsere Webseite anzubieten. Zum einen ist fraglich, ob es jetzt – nur wenige Tage vor der Verteilaktion – für den Axel-Springer-Verlag überhaupt noch logistisch möglich wäre, diese Widersprüche umzusetzen – und ob sie damit vor einem Gericht nicht sogar Recht bekommen würden. Nicht umsonst hat der Axel-Springer-Verlag lange geheim gehalten, ob sie die Gratis-Aktion tatsächlich durchführen und wie sichergestellt werden soll, dass alle Widersprüche berücksichtigt werden. Außerdem: Das Ziel der Kampagne, eine kritische Debatte über die Methoden der Bild-Berichterstattung anzustoßen, haben wir – so oder so – auf jeden Fall erreicht und dem Axel-Springer-Verlag damit gehörig die Suppe versalzen.

„Ich will keine Bild in meinem Briefkasten, weil…“ Mit Plakaten und einer „Twitter-Wand“ vor dem Springer-Hochhaus brachten wir über tausend persönliche Absagegründe vor das Axel-Springer-Hochhaus

So viel wie über diese Kampagne ist selten über eine unserer Aktionen berichtet worden. Auf Facebook und Twitter, in Blogs sowie in dutzenden Zeitungsbeiträgen und Kommentaren wurde berichtet, diskutiert, argumentiert (siehe dazu unsere Blogbeiträge hier und hier mit vielen Links). Viel Aufmerksamkeit bekam die Bild in den vergangenen Monaten – aber eben keine angenehme. Mit groß angelegten Werbekampagnen hat Bild in den vergangenen Jahren versucht, sich als seriöse und kritische Zeitung zu präsentieren und sich so ein Stück weit(er) in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Auch die Gratis-Aktion ist letztlich eine gigantische Werbekampagne – auch wenn sie pompös unter dem Titel „Bild beschenkt ganz Deutschland“ läuft. Doch dieses mühsam und mit viel Geld erkaufte Image bekommt durch kritische Berichterstattung deutliche Kratzer. Unsere Kampagne hat dazu ein gutes Stück beigetragen.

„Ich will weder die Bild noch einen Umschlag vom ASV – und es geht niemanden etwas an, ob ich das will oder nicht. Das ist Datenschutzverletzung!“ Dieser Kommentar erreichte uns auf Facebook. Wir schätzen die Sachlage so ein: Die roten Umschläge werden dazu verwandt, die Widersprüche umzusetzen und erscheinen dabei auf den ersten Blick als ein effizientes und zuverlässiges Mittel. Für die Zusteller/innen der Deutschen Post wird mit den Umschlägen sehr deutlich, wer eine Bild bekommen darf – und wer eben nicht. Unser Widerspruchstext hat dem Axel Springer Verlag jedoch enge Grenzen gesetzt. Ob die Sendung eines adressierten Umschlags tatsächlich „zwingend notwendig“ ist, ist zumindest fraglich. Zumal der Umschlag durch das große Format und die rote Farbe sehr auffällig ist. Daher haben wir uns entschieden, den Vorgang mit der Bitte um schnelle Prüfung an den zuständigen Berliner Datenschutzbeauftragten zu schicken. Über das Ergebnis halten wir Euch auf dem Laufenden!

PS. Ein kleiner Nachtrag: Oft wurde vorgeschlagen, die Umschläge einfach „zurück an Absender“ zu schicken. Doch das bringt leider nichts: Da es sich um Infopost mit vergünstigtem Porto handelt, würden die Briefe von der Post vermutlich einfach entsorgt.

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Autor*innen

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176 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. auch ich habe einen roten Briefumschlag und eine B-zeitung bekommen, B in den Umschlag, kurz mein Mißfallen auf dem Brief mitgeteilt, zugeklebt und an Verlag zurückgeschickt, mit dem Vermerk: Porto zahlt Empfänger.

  2. Pardoings, aber bin ich der einzige hier, der das ganze Aufhebens um die Bild nicht nur unheimlich kleinbürgerlich, sondern auch höchst kontraproduktiv findet? Das ist exakt das, was Diekmann und Konsorten wollen: In aller Munde sein, egal mit was. Der ebenso hysterische wie lächerliche Protestbrief von Judith Holofernes, der dann später zur Werbeanzeige _für_ Bild verwurstet wurde, hat vor einiger Zeit schon ein dickes q.e.d. unter diese Feststellung gesetzt. Wer ernsthaft an einer Verbesserung der Informations- und Medienkultur in Deutschland interessiert ist, der schenke Diekmann, Bohlen, Barth und wie der ganze Restzoo noch heißen mag nicht sein heiseres Gekeife, sondern seine stillste Ignoranz. Nichts schadet jenen, die nur von Aufmerksamkeit leben, so sehr, wie das Ausbleiben derselben. Man falte also das unselige Stück Papier und gebe es ungelesen, unbeachtet und vor allem unkommentiert zu den Pizzakartons, Kassenbons und Schmierzetteln.

    • richtig,
      war und ist auch meine Meinung,die wollen nur auffallen-mit werbung-
      egal wie,und man tut Ihnen,mit solchen Aktionen noch einen gefallen.
      Es ist nur diese,“unverschämte/aufdringliche“ art der Bild,die frechheit,
      noch ein -bestätigungs-schreiben zu zusenden,abgesehen von den
      verschleuderten Unkosten,bei ca,200.000,Ablehner,die alle mit diesem
      Schreiben zu benachrichtigen,sind das Postgebühren von ca,100.000Euro,
      !IRRE,und absolute Frechheit !“

  3. @ Dominique
    23. Juni 2012 um 22:16 Uhr

    ja, genau, so ähnlich wie in „deutschland 09; 13 kurze filme zur lage der nation“ mit der aktion, wo der spediteur seinen fahrern alle faz-ausgaben kaufen ließ, die sie nur fanden, um sie anschließend von der redaktion auszukippen. und das nur, weil das neue layout keine fraktur mehr beinhaltete.
    denn schließlich: ‚wer die fraktur nicht lesen kann, kann das deutsche wesen nicht lesen.‘

    ad rem: auch ich hatte beides bekommen, den brief allerdings erst heute.

  4. Sehr geehrte Damen und Herren der Zeitung (Sie wissen schon, für welche Sie arbeiten).

    Trotz meines Schreibens (s.u., zur Erinnerung) bezüglich der erwünschten Nichtzustellung einer BILD-Jubiliäumsausgabe habe ich nicht nur einen roten Umschlag in unserem Briefkasten gefunden, sondern zu meinem aussprechbaren Bedauern auch eben eine der oben bereits angesprochenen Zeitungen.

    Ich frage Sie hiermit nun freundlicherweise, wie Sie gedenken, dass wir diesem von Ihnen hauptsächlich zu verantwortenden Rechtsbruch begegnen?

    Die im vorherigen Schreiben (s.u.) erwähnte Aufforderung zur Löschung/Nichtspeicherung meiner personenbezogenen Daten bleibt von dieser email unberührt.

    In Erwartung einer schnellen Antwort,
    verbleibe ich mit freundlichen Grüßen.

    Sascha B.

    P.S.: Die Ente a la Schopenhauer war wirklich witzig. Hihi, Sie sind mir ja welche. 😉

    -> Ich bin gespannt. =)

  5. Habe trotz rechtzeitigem Widerspruch Schmutzbild ohne rotem Briefumschlag bekommen.
    Was passiert eigentlich, wenn man das Schmutzblatt an die lokale Schmutzblattredaktion unfrankiert sendet und als Absender die Schmutzblattadresse in Berlin, welche ja auch der Urheber der ganzen Verblödungsaktion ist, sendet?

  6. habe gerade geschaut … Jawoll … habe auch einen ungewollten roten Umschlag im Kasten. Musste ihn herausholen und verstehe nicht: Wieviel penetranz und wie wenig eigenes Wertgefühl muss einem anerzogen worden sein, bis man in der Lage ist, so zu handeln???

  7. Mit 2 tägiger Verspätung habe ich heute morgen den roten Umschlag im Breifkasten gefunden. Aber nicht durch die Post. Vielleicht über den Austeiler der Morgenzeitung?

  8. „…Das ist Datenschutzverletzung!“ Dieser Kommentar erreichte uns auf Facebook.

    Ohne Worte.

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