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Fracking und die RAF: Was nur der Geheimdienst wissen darf

Im Jahr 2013 pries ein Artikel in „die Welt“ die Vorzüge des Frackings für Deutschland und die Weltpolitik an - basierend auf einer vertraulichen Studie des Bundesnachrichtendienstes (BND). Wir wollten wissen, warum ausgerechnet ein Geheimdienst eine Studie zu Fracking macht, sie nicht veröffentlicht aber selbige einer Nachrichtenagentur zugespielt wird. Wir haben nachgefragt – die Antwort hat uns überrascht.

Update, 26. Februar 2015: Die Geheimniskrämerei von BND und Bundeskanzleramt macht nicht nur uns skeptisch. Nach unserem Bericht im Campact-Blog hat jetzt auch die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Julia Verlinden, eine offizielle Anfrage auf Veröffentlichung der Studie gestellt:

Wird die Bundesregierung die vom Bundesnachrichtendienst (BND) erstellte Studie veröffentlichen und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen der Studie?

Wir sind gespannt, was sie für eine Antwort bekommt!


Im Jahr 2013 pries ein Artikel in „die Welt“ die Vorzüge des Frackings für Deutschland und die Weltpolitik an. Die Lobeshymne basiert auf einer vertraulichen Studie des Bundesnachrichtendienstes (BND) – finanziert aus Steuergeldern. Wir wollten wissen, warum ausgerechnet ein Geheimdienst eine Studie zu Fracking macht, sie nicht veröffentlicht aber selbige einer der größten Nachrichtenagenturen zugespielt wird. Wir haben nachgefragt – die Antwort hat uns überrascht.

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Es hat uns schon ein wenig verwundert, warum ausgerechnet der Auslandsgeheimdienst BND mit einer Fracking-Studie beauftragt wurde. Eine Studie, die großzügig an die Nachrichtenagentur Reuters weitergereicht wurde und bundesweit für Schlagzeilen sorgte – was soll daran schon geheim sein? Da wir in den letzten Monaten immer wieder gegen neue Fracking-Pläne der Bundesregierung protestiert haben, hätten wir gerne gewusst, was in der Studie steht. Immerhin liegt sie den Entscheider/innen im Kanzleramt vor.

Gerade weil Fracking heftig umstritten ist, sollten alle Argumente offen auf den Tisch. Doch wer an dieser Studie eigentlich mitgearbeitet hat, ist ebenso unbekannt, wie der Wortlaut. Auch ob bei der Studie überhaupt grüne Technologien betrachtet wurden, die ganz ohne Öl und Gas auskommen, wird aus den Presseberichten nicht klar. Das wollten wir ändern. Vor rund drei Monaten schickten wir daher folgende Anfrage an das Bundeskanzleramt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

bitte senden Sie mir eine Kopie der Studie über Fracking der Arbeitsgruppe „Energie“ beim Bundesnachrichtendienst zu […].

In einer Rede bezog sich (BND-Chef) Gerhard Schindler am 13.09.2013 auf die Studie, die laut seiner Darstellung der Bundesregierung zur Verfügung gestellt worden sei. Sie finden den Verweis auf die Arbeitsgruppe in der Mitte des Textes gleich nach den Ausführungen zu einer beabsichtigten Transparenzoffensive beim Bundesnachrichtendienst.

Des weiteren teilen Sie mir bitte mit, wer an dieser Studie mitgearbeitet hat.

Die Antwort auf unsere Anfrage ist überraschend: Fracking und die RAF

Doch so einfach wie wir uns das vorgestellt haben war das für das Bundeskanzleramt nun auch wieder nicht. Unsere Anfrage wurde abgelehnt. Die Beamten verwiesen dabei auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Berlin – bei dem es um eine Anfrage eines Journalisten zu Dokumenten der RAF ging:

“Informationszugang für Journalisten im Zusammenhang mit den Terroranschlägen im sog. deutschen Herbst; Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG; Gebührenerhebung”.

Bei diesem Verweis haben wir ganz schön gestaunt. Wer hätte damit rechnen können, dass eine Fracking Studie mit der gleichen Begründung unter Verschluss gehalten wird, wie Dokumente über die RAF?

Unser Fazit

Es kann nicht sein, dass mit Steuergeldern Studien zu Fracking in Auftrag gegeben werden, die dem Kanzleramt und der Presse zugeleitet werden, um Stimmung für Fracking zu machen – die Dokumente selbst anschließend aber unter Verschluss gehalten werden. Der Fall zeigt: Wir brauchen mehr Kontrolle darüber, was unsere Geheimdienste machen. Die Debatte über Risikotechnologien darf nicht in Hinterzimmern, sondern muss in der Öffentlichkeit unter Einbindung der Zivilgesellschaft stattfinden.

PS. Hier finden Sie die Antwort des Bundeskanzleramts auf unsere Anfrage.

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Autor*innen

Dr. Chris Methmann ist Geschäftsführer von foodwatch Deutschland. Vorher hat er bei Campact Kampagnen geleitet. Als langjähriger Aktivist und Campaigner in der Klimabewegung streitet er für ein Ernährungssystem, das die Grenzen unseres Planeten endlich respektiert – und setzt sich dafür ein, dass nur ehrliches, gesundes und zukunftsfähiges Essen auf unseren Tellern landet. Alle Beiträge

35 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. 1. Vielleicht verdächtigt man Fracking-Gegner nun auch noch der Verbindung zu Terroristen, zumind. zu terroristischem Gedankengut, frei nach der
    simplen Geheimdienst-Mentalität und dem Motto:

    Wer über Regierung kritisch denkt,
    der ist wohl RAF- gelenkt!

    2. mögliche – teilweise – positive Deutung:
    Als es der Bundesregierung langsam dämmerte, dass sie wegen der bekanntlich bei Lobbyisten „gekauften“ verharmlosenden proFracking-Gutachten nicht genügend Erkenntnisse über die Gefährlichkeit des Frackings erlangen konnte, glaubte sie, dies evtl. über den Umweg geheimdienstlicher Pfade zu erreichen. Hat sie auch geschafft – und ist nun völlig erschüttert. – Da diese „geheimen“ Gutachten mit Sicherheit ein ebenso vernichtendes Ergebnis wie die Untersuchungen objektiver Wissenschaftler erbracht haben, müssen sie jedoch unter Verschluss gehalten werden. Das ist übliche Methode, die nicht nur unser Englisch sprechendes EU-Kommissar-Genie Oettinger schon erfolgreich erprobt hat.

  2. Wir brauchen nicht mehr Kontrolle über die Geheimdienste.
    WIR BRAUCHEN MEHR KONTROLLE ÜBER DIE POLITKER!
    Von denen kommt doch der Auftrag. Bestimmt im Namen des Volkes *g*. Der Spruch „Im Namen des Volkes“ ist ja mittlerweile so vergewaltigt worden von unseren lieben Politkern. Das Volk hat keinen Namen mehr. Wir sind einfach nur noch die Bertrogenen. Auf uns wird getrampelt auf dem Weg in lukrative Aufsichtsposten.

  3. Die informationen die Ihr rausgebt sind auch ziemlich mager. Auf welches Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Berlin wird den im Antwortschreiben Bezug genommen?

    Veröffentlicht doch einfach eure Anfrage und das Antwortschreiben. Aber nervt nicht mit einer Skandalisierung aufgrund von „Halbinformationen“ die sich durch den Leser nicht überprüfen lassen.

  4. Wer und Was kann die Heuchelei beenden?
    Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Kaltschnäuzigkeit unsere Regierungen und zumeist leider auch die Oppositionsparteien gegenüber ihren Wählern, dem Volke, agieren. Nicht nur im Fall Fracking, TTIP und Co. usw. Der Zynismus der Oberen und einer diese unterstützenden Masse, zieht sich durch alle Lebensbereiche der Gesellschaft. Vom Hartz IV Empfänger bis zu den Steuertricks der Supereichen.
    Dabei frage ich mich immer wieder, wie kann es sein, dass so viele Menschen dabei mitmachen und trotzdem Nachts noch ruhig schlafen können. Und diese Mitmacher, die mit einem zynischen oder mitleidigen Lächeln ihren Gegenüber demütigen, gibt es in großer Zahl.
    Wer und Was kann diese Heuchelei beenden? … manchmal könnte ich einen großen Hammer nehmen …
    Viele Grüße

  5. Mich überrascht das nicht es gibt zumindest noch eine weitere Geheimstudie von den Grünen. Ich habe nachgefragt: Wie hoch sind die technisch nutzbare Kapazität von Bio-, Sonnen- und Windenergie in Deutschland um zu Beweise das wir mit diesen drei Energien die fossilen Energien ins Nirvana schicken können wie es die Grünen Vollmundig behaupten. Antwort von Fr. Cordula Schulze Asche damals Landtagsabgeordnete in Hessen: Dies stehe in einer Grünen Geheimstudie, dies dürfte ich nicht sehen, ich müsste allein ihren Worten glauben schenken. Ich finde so etwas höchst peinlich für die Grünen. Mein Kommentar zu dieser Studie, es ist peinlich für die Regierung. Fraglich ist für mich auch das der Geheimdienst überhaupt fachlich für so eine Studie kompetent ist. Ich möchte das mit einem Bild erklären, ein von Geburt an Blinder erklärt einem Sehenden was Farbe ist, das sind für mich solche Studien.

  6. Der Beitrag ist unter Eurer Würde. Er ist manipulativ und verzerrend. Wenn man der erwähnten (aber leider nicht verlinkten) Artikel aus der Welt liest, wird sofort klar, warum der BND die Studie gemacht hat. Den Artikel findet man hier: http://www.welt.de/politik/ausland/article112852474/Oel-Schwemme-der-USA-wird-Nahen-Osten-veraendern.html

    Es handelt sich nicht um eine technische Studie zu Vorteilen oder Risiken des Frackings. Es handelt sich um eine politische Studie zu den Auswirkungen der Gas- und Öl-Booms in den USA (unabhängig davon, wie das gefördert wird). Der Artikel in der Welt macht auch keine Stimmung für Fracking. Fracking in Deutschland wird nirgendwo erwähnt. Nur Vorteile für Deutschland aufgrund des Frackings in den USA (was dort auch die Umwelt zerstört, nur nebenbei erwähnt). Und ob das angedeutete Szenario so vorteilhaft ist, bezweifle ich.

    Es tut mir leid, aber wenn Ihr auf dem Niveau weitermacht, habt Ihr Euch meine Unterstützung verspielt.

    • Gerade weil es sich um eine politische Studie handelt, finde ich es extrem wichtig, dass die Argumentation nachvollziehbar ist. Denn anders als in technischen Messungen und Berechnungen, die auf einigermaßen objektiven Daten basieren, handelt es sich hier ja um „weiche“ Faktoren. Das ist Transparenz mindestens genauso nötig. Und was das Argument angeht: Fracking macht Deutschland sicherer halte ich für eine gewagte These.

    • Hallo Herr Methmann,
      an der Stelle wäre es richtig gewesen, einzuräumen, dass der ursprüngliche Post von Campact irreführend war. Er erweckt den Eindruck, der BND würde nun Fracking auch als eine gefährliche Technik bewerten. Etliche Kommentare weiter oben reflektieren diesen Eindruck.
      Ich schließe mich daher der Bitte einiger anderer hier an, dass Campact in seinen eigenen Beiträgen mehr Sorgfalt an die sachlich angemessene Darstellung legt und auf tendenziöse Verzerrungen und Grobschnitte verzichtet.
      Und eine nachvollziehbare Kritik annimmt und – hier etwa im Hauptbeitrag – korrigiert.
      Viele Grüße
      Thomas Teichmann

    • Hallo Herr Teichmann,
      danke für Ihre stets sachkundigen Kommentare und die Kritik. Ich habe mir den Blogbeitrag meines Kollegen daraufhin noch einmal angeschaut. Ich finde nicht dass der Beitrag den Eindruck erweckt, der BND würde Fracking als gefährliche Technik bewerten. Da scheinen bei Ihnen andere Assoziationsketten angestossen zu werden als bei mir. Der Beitrag skandalisiert nicht Fracking, er skandalisiert die Geheimhaltung einer Studie unter Verweis auf eine Rechtsprechung, die von Terroranschlägen handelte. Er skandalisiert also eine fragwürdige Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes. Zu Fracking sagt der Artikel eigentlich sehr wenig.

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