Demokratie Europa Klimakrise Menschenrechte AfD Rechtsextremismus Soziales WeAct CDU Feminismus

Spiel auf Zeit: Journalisten enthüllen, wie die TTIP-Verhandler taktieren

Die TTIP-Verhandler wollen alles raus holen aus den letzten entscheidenen Verhandlungsrunden. Zu viel Kritik gab es schon an den umstrittenen Investorenklagerecht (ISDS) vor geheimen Schiedsgerichten durch europaweiten Bürgerprotest. Neue Enthüllungen aus den TTIP-Verhandlungen zeigen, mit welcher Taktik strittige Interessen kurz vor Abschluss der Verhandlungen durchgedrückt werden sollen.

Neue Enthüllungen aus den TTIP-Verhandlungen machen öffentlich, wie strittige Interessen kurz vor Abschluss der Verhandlungen durchgedrückt werden sollen. Es geht um die Vorbereitungen für das „Endgame“, das Endspiel der Verhandlungen.

Teilen
E-Mail senden

TTIP-Leak

Teilen
E-Mail senden

Das gemeinnützige Recherchebüro CORRECT!V hat einen großen Satz geleakter Geheimdokumente veröffentlicht. Es handelt sich um Papiere der EU-Kommission, mit denen sie in die Verhandlungen mit den US-Vertretern gegangen ist, sowie Berichte über die Position der Mitgliedsstaaten zu einzelnen Themen der EU. Weiter finden sich Gesprächsprotokolle aus Treffen der EU-Kommission mit Regierungsvertretern aus EU-Staaten.

Aus ihnen geht hervor, wie die Verhandlungen mit den USA laufen und welche Konflikte es gibt. Sie zeigen zum Beispiel, dass Griechenland unbedingt verhindern will, dass indirekte Investitionen vor einem Investitionsgericht einklagbar sind. Die Gesprächsprotokolle zeigen aber auch, wie unzufrieden Europas Regierungen sind, weil ihnen die EU-Kommission zu wenig Einsicht in die Verhandlungen gewähren.

Strategie: Strittige Themen sollen am Ende der Verhandlungen durchgeboxt werden

Immer wieder taucht in den vertraulichen Protokollen des Auswärtigen Amtes das Wort „Endgame“ auf. Ein Beamter berichtet im März dieses Jahres etwa:

„Nach erster Einschätzung der Kommission fielen folgende Verhandlungsbereiche in das Endgame: Zugeständnisse im Dienstleistungsbereich, Lösungsvorschlag für Finanzdienstleistungen, Bestimmungen im Bereich der regulatorischen Kooperation, Kooperation im Energiebereich, geografische Herkunftsangaben, Anti-Korruptionsvereinbarungen, TRQs (Zölle) im Agrarbereich.“

Unter „Endgame“ verstehen die Verhandler die Themen, die in den letzten Tagen und Stunden der Verhandlungen auf den Tisch kommen. Denn so ist offen, welche Themen am Ende den Weg in den Handelsvertrag finden. So können kritische Interessen noch im Tauschgeschäften durchgesetzt werden. Für uns Bürger und kritische Parlamentarier besonders beunruhigend: Vorher vollmundig verkündete „rote Linien“ können so am Ende dann doch noch überschritten werden, um Interessen von Konzernen zu befriedigen.

CORRECT!V wird in der kommenden Woche weitere geleakte Papiere unter #openTTIP veröffentlichen und erläutern.

Hintergrundinfo

Die TTIP-Verhandlungen sind immer noch von großer Geheimhaltung umgeben. Die EU-Kommission will am liebsten alles im Stillen verhandeln und am Ende den Parlamenten unter dem Motto „Friß oder Stirb!“ zum Abnicken vorlegen. Das Modell ist das EU-Kanada-Abkommen CETA: Fünf Jahre lang wurde im stillen Kämmerchen verhandelt, der Verhandlungstext geheim gehalten. Dann verkündeten EU-Kommission und kanadische Regierung im vergangenen September den Abschluss der Verhandlungen, veröffentlichten das Ergebnis und erklärten gleichzeitig der erstaunten Öffentlichkeit, dass nun keine Änderungen mehr möglich seien.

TEILEN

Autor*innen

Jörg Haas, Jahrgang 1961, war Campaigner bei Campact. Nach einem Berufseinstieg in die Entwicklungszusammenarbeit in einem Regenwaldprojekt in Ecuador war er lange Jahre als Ökologiereferent für die Heinrich-Böll-Stiftung tätig. 2008 wechselte er als Programmdirektor zur European Climate Foundation. Intensives Engagement in den UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen. Ohne öffentliche Mobilisierung fehlt jedoch der Handlungsdruck - daher der Wechsel zu Campact, zuerst als Pressesprecher, dann als Campaigner. Alle Beiträge

8 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Ich verstehe nicht, warum das Bundesverfassungsgericht überhaupt einen Vertrag akzeptiert, der ordentliche Gerichte aussperrt. Rechtsstaatlichkeit ist einer der wichtigsten Bestandteile einer Verfassung.

    Oder der demokratisch gewählten Abgeordneten Einschränkungen in ihrer Entscheidungsfreiehit auferlegt. Ich denke, Abgeordnete sind nur ihrem Gewissen verpflichtet?

  2. Siehe Bundesregierun contra Toll Colekt (Autbahnmaut). Seit fast 10 Jahren Privatgericht und immer
    noch kein Ende. Die beteiligten Anwälte verdienen sich dumm und dämlich

  3. Sie lassen von ihrem schändlichen Treiben nicht ab. Sie sehen sich nur der Wirtschaft verantwortlich. Gerade die verlogene SPD, die den Arbeitnehmer schon mehrmals verraten und verkauft hat, sollte sich zusammenreißen. Sie treiben Deutschland in die Anarchie und in den Abgrund. Sozialer Frieden war früher immer ein Schlagwort der Politik-sie scheint es vergessen zu haben und nur noch dem Mammon zu frönen. Das wird sich bitter rächen. Die SPD war schon mal verboten-sie treiben es so lange, bis es wieder so weit ist.

  4. Wie ist das zu verstehen?
    Bricht Europarecht Bundesrecht und Bundesrecht Landesrecht?
    Solche Verträge müssen vor wem geschützt werden, damit sie geheim verhandelt werden müssen?

  5. Schlussverkauf der EU-Mitgliedsländer durch die EUROPÄISCHE UNION, vertreten durch Kommissarin
    Cellia Malmström, an die Vereinigten Staaten von Amerika und dessen finanzkräftigen Konzerne und Investoren ? Die irreführenden transatlantischen Freihandelsabkommen CETA TTIP TiSA führen uns politisch, gesellschaftlich und finanziell an die Grenzen der Belastbarkeit.
    Die Freihandelsabkommen NAFTA und CAFTA haben in Costa Rica und Mexico ihre Vernichtungsspuren sehr zahlreich hinterlassen.

Auch interessant

TTIP Verdächtige Ruhe CETA, Europa, Handel, JEFTA, TISA, TTIP Unsere Antwort an Frau Malmström CETA, G20, Handel, JEFTA, TISA, Trump, TTIP Kurz vor G20: EU-Kommission will JEFTA durchdrücken – und setzt auf alte Fehler CETA, Handel, TTIP Rethinking Trade: Demands for a progressive EU trade policy CETA, Europa, TTIP Wir haben gewonnen: Stopp unserer Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA war unrechtmäßig TTIP Zurück aus dem Gefrierschrank: Warum TTIP noch nicht erledigt ist CETA, Handel, TTIP Handel neu denken: Forderungen für eine progressive EU-Handelspolitik CETA, Demokratie, TTIP Der trügerische Vorschlag der EU-Kommission: Das steckt hinter dem Konzern-Gericht MIC CETA, Handel, TTIP So tragen wir den Protest nach Brüssel: 280.000 Unterschriften gegen die Konzern-Justiz CETA, Handel, TTIP Diesen „Gerichtshof“ darf es auf keinen Fall geben
Campact ist eine Kampagnen-Organisation, mit der über 3 Millionen Menschen entschlossen für progressive Politik eintreten und unsere Demokratie verteidigen. Wenn wichtige politische Entscheidungen anstehen, starten wir Kampagnen - digital und auf der Straße. Wir schmieden breite Bündnisse und mobilisieren eine starke Bewegung für die gemeinsame Sache. NewsletterHilfe und FAQKontaktDatenschutzImpressumCookie Einstellungen