Digitalisierung Lobbyismus
Huawei und 5G-Netzausbau: Nach dem Ausstieg ist vor dem Ausstieg
Man könnte meinen, dass die Bundesregierung aus ihren Fehlern gelernt hätte. Die Abhängigkeit von russischem Gas, das von staatlich kontrollierten Konzernen aus einem autoritären Regime kam, war und ist für Deutschland fatal. Nun droht die Politik, den gleichen Fehler beim Ausbau des 5G-Netzes mit chinesischen Herstellern zu wiederholen.
Bereits seit 2019 warnen verbündete Staaten und Verantwortliche aus den Sicherheitsapparaten vor dem Einsatz chinesischer Komponenten in der Telekommunikation und der damit verbundenen Software. Im Zweifel hätte das autoritäre chinesische Regime Zugriff auf sensible Daten. Doch die Bundesregierung reagierte darauf lange nicht.
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Zugriff auf kritische Infrastruktur
Jahrelang hatten Lobbyistinnen und Lobbyisten von Huawei gemeinsam mit deutschen Netzbetreibern erfolgreich Druck auf die Bundesregierung ausgeübt. Sie drängten darauf, den eigentlich überfälligen Ausschluss von chinesischen Komponentenherstellern nicht umzusetzen. Trotz warnender Hinweise auch von Teilen der Bundesregierung konnten sich weder Angela Merkel noch Olaf Scholz bis vor kurzem zum Teilausschluss durchringen.
Zahlreiche Treffen fanden auf höchster Ebene mit Minister:innen und Staatssekretär:innen statt. Termine gab es mit dem Digitalministerium, dem Finanzministerium, dem Wirtschaftsministerium, hinauf bis zum Kanzleramt. Auch auf Lobbyseite war die Spitzenebene der Konzernchefs beteiligt. Das gilt für Huawei, vor allem aber auch für die Telekom: Der Vorstandsvorsitzende der Telekom, Timotheus Höttges, sprach vielfach zum Thema Huawei und 5G vor. Der Telekom-Konzern hat durch seinen 30-prozentigen Staatsanteil einen direkten Zugang zur Politik. Und auch die chinesische Botschaft in Berlin machte immer wieder Druck.
Zuletzt war es vor allem Verkehrs– und Digitalminister Volker Wissing, der beim Ausschluss chinesischer Netzbetreiber bremste. Er und sein zuständiger Staatssekretär Stefan Schnorr trafen sich mit Telekom-Chef Tim Höttges und hochrangigen Vertretern von Huawei. Obwohl die Ausstiegsdiskussion bereits in vollem Gange war, besuchte Schnorr noch im Sommer 2023 Huawei, um sich die Nachfolge-Generation der 5G-Komponenten – die 6G-Komponenten – anzuschauen. Das ist das genaue Gegenteil eines Signals für den Ausschluss von Huawei-Komponenten.
Abhängigkeit von autoritärem Staat droht erneut
Das 5G-Netz ist für die Kommunikation innerhalb unserer Gesellschaft zentral. Es ist so etwas wie das Zentralnervensystem für den Kommunikationsfluss. Damit ist es ebenso wichtig für die deutsche Wirtschaft. Hochsensible Daten fließen durch das Netz. Dieses Netz muss dringend sicher sein und unabhängig vom Einfluss autoritärer Regime.
Im Juli kündigte die Bundesregierung nach langem Ringen endlich an, sie würde aus Sicherheitsgründen künftig auf Komponenten chinesischer Hersteller wie Huawei und ZTE beim Ausbau des 5G-Netzes verzichten.
Wir brauchen einen echten Ausstieg
Doch der angebliche Ausstieg erfolgt nur schrittweise und keineswegs vollständig. Erst bis 2029 sollen die Netzbetreiber Telekom, Telefonica, Vodafone und Co. sämtliche Komponenten chinesischer Hersteller aus den besonders sensiblen Teilen des Netzes entfernen. Nicht aber aus dem gesamten Netz.
Das genügt nicht. Unsere Demokratie darf sich nicht erneut von einem autoritären Staat abhängig machen. Die Bundesregierung sollte stattdessen die Netzbetreiber jetzt dazu verpflichten, Komponenten von chinesischen Herstellern deutlich schneller und deutlich umfassender zu entfernen. Sonst hinterlässt die Lobbyarbeit von Huawei und Co. bleibende Schäden – mit Folgen für Deutschlands Sicherheit.