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Menschenrechte = Frauenrechte. Oder nicht? 

CDU-Politiker Gundolf Siebeke will Frauen das Wahlrecht nehmen. Ein Tabubruch, der nicht allein steht: Weltweit werden Frauenrechte bedroht.

Detail eines Frauenrechts-Plakats beim "Women s March 2017"
Foto: IMAGO / imagebroker

Der CDU-Politiker Gundolf Siebeke aus Köln möchte Frauen ihr Wahlrecht entziehen, falls sie Robert Habeck ins Kanzleramt wählen. Sein Argument: Frauen seien zu „emotional“ und zu „labil“. 

Hass gegen Frauen wächst

Die Forderung, Frauen ihr vermeintliches „Frauenwahlrecht“ wegzunehmen, häuft sich seit dem Sieg Donalds Trumps auch in den USA. Auch an anderer Stelle nimmt der Hass gegen Frauen rasant zu. Im Netz mehrt sich der Slogan „Your Body, my Choice“, der unter anderem von dem rechtsextremen Influencer Nick Fuentes verbreitet wurde und den feministischen Slogan „my body, my choice“ verdreht. 

Tag der Menschenrechte

Der 10. Dezember ist der Gedenktag zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Er jährt sich dieses Jahr zum 76. Mal. 

Weltweit fürchten Feministinnen in diesen Tagen um ihre Rechte. Doch sind Frauenrechte nicht eigentlich Menschenrechte – und sollten für alle gelten? Zum Tag der Menschenrechte, der am jährlich am 10. Dezember gefeiert wird, werfen wir einen Blick auf den Stand der Frauenrechte weltweit. 

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ So steht es in Artikel 1 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“, die die Vereinten Nationen 1948 veröffentlicht haben. Doch auch ein dreiviertel Jahrhundert später sind Frauen und Mädchen immer noch Opfer von Menschenrechtsverletzungen und leiden weltweit unter patriarchalen Strukturen. 

Zu den Menschenrechten gehören zum Beispiel das Recht, frei von Gewalt und Diskriminierung zu leben, das Recht auf Bildung, das Recht auf den gleichen Lohn oder eben das Recht zu wählen. 

Das Recht auf ein Leben frei von Gewalt

Genitalverstümmelungen, Zwangsprostitution, Zwangsarbeiten und Sklaverei, gezielte Abtreibungen (beispielsweise von weiblichen Föten): Von Geburt an sind Frauen häufiger sexualisierter oder körperlicher Gewalt ausgesetzt. Laut der UN wird weltweit alle zehn Minuten eine Frau von einem Partner oder Familienmitglied getötet. 

Femizide stoppen

Alle drei Tage wird eine Frau in Deutschland von ihrem (Ex-)Partner getötet. Ging die Trennung von ihr aus, kann der Täter sogar auf Strafmilderung hoffen. Der Gesetzgeber muss endlich reagieren: mit einer Strafrechtsreform und einer Forschungsstelle, die Gewalt gegen Frauen untersucht und verhindert. 

Auch in Deutschland wird jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer und/oder sexualisierter Gewalt. Laut dem Lagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2023“, welches das Bundeskriminalamt im November herausgegeben hat, haben Gewaltdelikte gegen Frauen in den letzten Jahren zugenommen. Im Jahr 2023 hat es 56 Prozent mehr Straftaten gegeben, die ausschließlich auf frauenfeindlichen Gedankengut basieren. Zentraler Treiber sei der digitale Raum. (Lies hier mehr zur Incel-Szene.) 

Gewalt gegen Frauen (…) kennt keine Grenzen, weder geographisch, noch kulturell, noch im Hinblick auf materiellen Wohlstand. So lange sie anhält, können wir nicht behaupten, dass wir wirkliche Fortschritte in Richtung Gleichstellung der Geschlechter, Entwicklung und Frieden machen.

Kofi Annan, damaliger Generalsekretär der UN, auf einer Sondertagung der Generalversammlung in New York im Juni 2000

Das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch

Jeder Mensch hat das Recht, selbst über den eigenen Körper zu entscheiden. Dazu zählt auch, eine ungewollte Schwangerschaft beenden zu können – und zwar unter sicheren Bedingungen. Der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen ist folglich ein Menschenrecht.  

Gerade wird im Bundestag die Abschaffung des Paragrafen 218 diskutiert. Eine Gruppe von Abgeordneten will noch vor den Neuwahlen dafür sorgen, dass Abtreibungen endlich aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden. Denn bislang werden ungewollt Schwangere noch immer kriminalisiert und ihr Recht auf reproduktive Selbstbestimmung verletzt.

Schwangerschaftsabbrüche legalisieren

75 Prozent der Deutschen befürworten legale Abtreibungen. Du auch? Dann schließe Dich jetzt der WeAct-Petition an. Oder gehe am Samstag, 7. Dezember, in Berlin oder Karlsruhe mit auf die Straße.

Gerade mit dem Erstarken der AfD wächst die Sorge vor einer Einschränkung von Frauenrechten. In ihrem Programmentwurf für die Bundestagswahl 2025 steht: „Beim sorgfältigen Abwägen der Interessen muss Abtreibung die absolute Ausnahme bleiben, z.B. bei kriminologischer oder medizinischer Indikation.“ 

Die Rechtsextremem wollen das Recht auf Abtreibung weitgehend einschränken. In dem Beratungsgespräch, das aktuell verpflichtend für einen Abbruch ist, sieht die AfD vor, werdende Mutter mit den Ultraschallaufnahmen des Kindes gezielt zu konfrontieren, um sie vom Abbruch abzubringen. 

Das Recht auf Bildung 

In Deutschland sind Frauen im Bildungssystem meist erfolgreicher als Männer, im Beruf werden sie jedoch oft benachteiligt und verdienen weniger. (mehr dazu unter: Das Recht auf gleichen Lohn.) Weltweit jedoch leiden Frauen weiterhin massiv unter fehlendem Zugang zu Bildung, wie ein Bericht der UN-Frauenorganisation UN Women in diesem Jahr feststellte. 

Das Recht auf gleichen Lohn 

Noch immer erhalten Frauen in Deutschland weniger Gehalt als Männer. Im Jahr 2023 lag die Gehaltslücke bei 18 Prozent. Die Gründe für den Gender Pay Gap sind vielfältig: Frauen arbeiten überproportional in Teilzeit und in geringfügigen Arbeitsverhältnissen und übernehmen oft längere Elternzeiten und mehr Pflegeverantwortung. 

Doch selbst wenn man diese ganzen Faktoren herausrechnet, bleibt in Deutschland im Schnitt eine Lücke von sechs Prozent. Und sehr wahrscheinlich ist diese Lücke noch größer. Denn was bei den Berechnungen zum Gender Pay Gap nicht mit eingerechnet wird, sind Boni oder bestimmte Funktionszulagen, die meist in den Bereichen ausgezahlt werden, in denen mehrheitlich Männer sitzen. 

Recht auf ein Leben frei von Diskriminierung

Frauen werden in verschiedensten Bereichen diskriminiert. Sei es im Arbeitsleben (Stichwort: sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz; Entgeltungleichheit oder Wiedereinstieg nach Elternzeit), im Gesundheitswesen oder als Verbraucherinnen (Tamponsteuer/Gender Marketing). Manche der Diskriminierungen sind vielleicht nicht direkt erkennbar, andere sind offensichtlich.

Kein Schutz für die, die es am dringendsten bräuchten

Die Philosophin Hannah Arendt hat bereits 1949 darauf hingewiesen, dass die vermeintlich universell gültigen Menschenrechte gerade diejenigen nicht schützen können, die die am dringendsten bräuchten – also alle, die nicht weiß, männlich und hetero sind. In Deutschland sind die Menschenrechte zwar auch im Grundgesetz verankert, doch auch hier gibt es Lücken; nicht alle Menschen profitieren gleich stark davon.


Campact setzt sich seit 20 Jahren für eine Gesellschaft ein, in der alle Menschen sicher und selbstbestimmt in Frieden und Freiheit leben können. Gemeinsam mit mehr als 3 Millionen Menschen verteidigen wir unsere Demokratie und unsere Menschenrechte – autoritären Kräften stellen wir uns mutig entgegen.

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Autor*innen

Vera Kuchler arbeitet seit 2017 als Redakteurin bei Campact. Die ausgebildete Soziologin und gelernte Journalistin beschäftigt sich im Blog vor allem mit dem Thema „Arbeit und Geschlecht“. Alle Beiträge

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