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Drei Jahre Ukraine-Überfall: Völkerrecht unter akutem Beschuss

Heute vor drei Jahren begann der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Ein Ende scheint vorerst nicht in Sicht. Wie soll ein Frieden aussehen? Auf jeden Fall müssten die Kriegsverbrechen Russlands sanktioniert werden, so Lena Rohrbach – sonst steht noch viel mehr vor dem Abgrund.

Demonstrierende bei einem Protest in Rom, Italien zum dritten Jahrestag des Überfalls von Russland auf die Ukraine.
Menschen in Rom, Italien, demonstrieren anlässlich des dritten Jahrestages des Überfalls Russlands auf die Urkaine. Foto: IMAGO / NurPhoto

Kein Grund zum Feiern: Der Überfall Russlands auf die Ukraine wird heute drei Jahre alt. Ich erinnere mich daran, wie ich den Einmarsch der russischen Truppen auf dem Handy verfolgte, ohnehin schlaflos, weil ich unser gerade geborenes zweites Kind in den Armen hielt. Es waren durchwachte Nächte, in denen ich auf Social Media die Videos von ukrainischen Müttern und deren Kindern ansah. Sie harrten in Schutzkellern aus. Ebenfalls durchwachte Nächte, aber in Todesangst.

Drei Jahre später: Donald Trump ist erneut Präsident der USA. Diesmal hat er ein noch gefährlicheres, weil strategischer aufgestelltes rechtes Netzwerk um sich geschart. Seitdem vergeht kaum eine Woche ohne einen neuen, irrlichternden Vorschlag für eine Weltordnung à la Trump: Sich Grönland und Kanada aneignen, die Bevölkerung Gazas vertreiben.

Nun verhandeln die USA über ein Kriegsende in der Ukraine. Von dem ist zwar noch nicht bekannt, wie es aussehen soll. Doch es gibt Grund zur Sorge: Die Ukraine sitzt nicht mit am Verhandlungstisch. Trump bezeichnet den Kriegsverbrecher Putin als „genial“ und droht den Ukrainer*innen: „Vielleicht sind sie eines Tages Russen.“ Bei den Vereinten Nationen wollen die USA gerade eine Resolution einbringen, die sich weigert, Russlands Vorgehen als Aggression zu bezeichnen, und sich auffällig über die territoriale Integrität und das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine ausschweigt.

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Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg

Russland ist verantwortlich für unzählige Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen des humanitären Völkerrechts; das ist das Recht, das wenigstens ein absolutes Minimum an Menschlichkeit im Krieg garantieren soll. In der Ukraine gehören dazu: Bomben auf Schulen und Kindergärten, der Einsatz von Minen und Streumunition in Wohngebieten, Massenvertreibungen der Zivilbevölkerung, die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland und die Folter von Kriegsgefangenen. Diese Aufzählung ist lange nicht vollständig. Dass dies bei den Vereinten Nationen nicht mehr klar benannt werden soll, wenn es nach den USA geht, gefährdet das Völkerrecht. Und ist ein weiteres Warnzeichen, wenn es darum geht, die Position der Trump-USA bei den Verhandlungen einzuschätzen.

Frieden ist nicht das Gleiche wie die Abwesenheit von Krieg. Ein Putin-Trump-Diktatfrieden hätte diesen Namen nicht verdient. Europa und die neue Bundesregierung müssen sich dringend zusammenraufen, um die Ukraine – ihre Zivilbevölkerung und ihre Regierung – auf ihrem Weg zu einem gerechten und nachhaltigen Frieden zu unterstützen. Dabei steht die Zukunft der Ukraine auf dem Spiel, aber auch die des internationalen Rechts: Wenn Putin mit den genannten Verbrechen folgenlos davonkommt, nehmen die Normen schaden, die neben der Ukraine auch uns alle schützen. Regeln, die ungestraft verletzt werden können, nimmt irgendwann niemand mehr ernst. In einer zunehmend autokratisch regierten Welt sind sie – wie die Ukraine – ohnehin unter akutem Beschuss. Angriffskriege dürfen nicht belohnt werden, das ist sozusagen die Pädagogik des internationalen Rechts. Sie ist wahrlich kein Hexenwerk.

Drei Jahre Krieg in der Ukraine – und die Kriegsverbrechen?

Es war deshalb ein wichtiges Signal, als der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) Haftbefehl gegen Wladimir Putin und weitere russische Verantwortliche wegen Kriegsverbrechen erlassen hat. Doch Trump und seine Gefolgsleute greifen den IStGH an, es ist Teil ihres Feldzuges gegen die Instrumente internationaler Gerechtigkeit. Sie haben Sanktionen gegen den Gerichtshof verhängt, die man sonst nur vom Kampf gegen Terrororganisationen kennt: Den Mitarbeiter*innen des IStGH ist die Einreise in die USA verboten, ihre Vermögenswerte in den USA eingefroren. Sogar ihre Familienangehörigen sind von den Sanktionen mitbetroffen. In dieser Situation braucht der Gerichtshof die volle Rückendeckung der Weltgemeinschaft. Doch auch aus Europa bekommt er nicht alle notwendige Unterstützung. Das muss sich ändern.

Was den Ukrainer*innen widerfahren ist, kann zwar nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Aber es kann gesühnt werden. Dafür stehen juristische Institutionen und politische Instrumente bereit. Ukrainer*innen und internationale Menschenrechtsorganisationen haben die Beweise gesammelt. Deutschland hat die Untersuchung und Dokumentation der russischen Kriegsverbrechen sogar als Teil seiner Ukraine-Hilfen unterstützt. Einen gerechten und nachhaltigen Frieden gibt es nicht, indem diese unter den Teppich gekehrt werden, sondern nur mit einer Aufarbeitung der Kriegsverbrechen und ihrer Wiedergutmachung. Wie genau ein Frieden für die Ukraine darüber hinaus aussehen kann, das kann dieser Blogtext nicht beantworten – denn dazu braucht es die Ukrainer*innen. Und damit ihre Antwort auch gehört wird, unsere Solidarität.

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Autor*innen

Lena Rohrbach ist Referentin für Menschenrechte im digitalen Zeitalter und Rüstungsexportkontrolle bei Amnesty International. Sie hat als Campaignerin für Campact und im Journalismus gearbeitet und war Sprecherin der Piratenpartei. Lena hat Philosophie, Kulturwissenschaft und Geschichte in Berlin und International Human Rights Law an der University of Nottingham studiert. Auf Twitter ist sie als @Arte_Povera unterwegs. Alle Beiträge

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