CDU Feminismus LGBTQIA*
Bildungs- und Familienministerin Karin Prien (CDU) will nicht, dass die Beschäftigten ihres Ministeriums gendern. Gender-Sternchen (*), Binnen‑I, Gender-Doppelpunkt oder andere Sonderzeichen zur geschlechtergerechten Sprache sind fortan untersagt.
Was genau wurde verboten?
Das Verbot betrifft sowohl die interne als auch die externe Kommunikation im Bundesministerium für Familie, Bildung, Senioren, Frauen und Jugend. Laut Prien soll „nach Regeln des Rechtschreibrats“ kommuniziert werden: „Ich mache keine Politik als Aktivistin – sondern aus der Sache heraus“, sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende bei einer internen Personalversammlung. Ziel sei es, „Klarheit und Verständlichkeit für alle“ zu gewährleisten.
Überraschend? Eigentlich nicht. Zwar erklärte Prien noch 2023, Gendern sei für die Union kein zentrales Thema. Doch gerade im Wahlkampf machten zahlreiche Unionspolitiker immer wieder gegen einen vermeintlichen Genderwahn Stimmung. Seit Jahren ganz vorne mit dabei: der Hamburger CDU-Politiker Christoph Ploß.
Auch Prien hat sich bereits 2021 im schleswig-holsteinischen Landtag gegen das Gendern starkgemacht. Dass sie nun nur knapp drei Monate nach Amtsantritt als Bundesministerin ein Verbot von Gender-Sternchen, Binnen-I und Gender-Doppelpunkt umsetzt, passt dazu.
Prien fordert Genderverbot an Schulen
Auch an Schulen würde die Bildungsministerin geschlechtergerechte Sprache am liebsten verbieten lassen. Da dies Ländersache ist, kann sie jedoch kein bundesweites Verbot verhängen.
Muss sie auch nicht; denn viele unionsgeführte Länder haben dies schon längst umgesetzt:
- Im Thüringer Landtag setzte sich die CDU 2022 gegen das Gendern im Landtag, bei Behörden, in Schulen und Hochschulen ein. Der Antrag hatte Erfolg – und zwar dank der Stimmen der AfD.
- In Sachsen gilt seit 2021 ein Genderverbot für Schulen und Schulaufsichtsbehörden. Im März dieses Jahres hat die Minderheitsregierung aus CDU und SPD außerdem die geschlechtergerechte Sprache in neuen Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften abgeschafft.
- In Sachsen-Anhalt gilt das Verbot seit 2023.
- Anfang 2024 führte auch die CSU in Bayern ein Verbot der Gendersprache an Schulen, Hochschulen und Behörden ein.
- In Hessen dürfen Schüler*innen ebenfalls seit 2024 in Abschlussprüfungen keine Genderzeichen mehr verwenden. Doppelpunkt, Sternchen oder Unterstrich würden als Fehler gewertet und könnten zu einer schlechteren Note führen, teilte das CDU-Kultusministerium mit. Damit geht Hessen sogar noch weiter als Bayern.
Sprachwissenschaftler*innen mehrerer Universitäten kritisierten die CDU anlässlich des sogenannten „Gender-Verbots“ in Sachsen scharf und warnten vor „der Aushöhlung der Demokratie durch die Verstärkung rechter Diskursstrategien“. „Sprachverbote darf es nicht geben“, sagte der Sprachwissenschaftlicher David Römer im Interview mit der Hessenschau. Das queere Bündnis „Vielfalt für ein starkes Hessen“ brachte es auf den Punkt: „Diese Taktik spielt der AfD direkt in die Hände.“
Union führt rechten Kulturkampf
Prien ist sich dessen eigentlich bewusst. Als die CDU 2023 in Thüringen das sogenannte „Korrekte-Sprache-Gesetz“ verabschieden wollte (und dabei die Zustimmung der AfD brauchte), bezeichnete die damalige CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien den Antrag als einen „Fehler“. Der Süddeutschen Zeitung sagte sie: Bei derartigen gesellschaftspolitischen Themen gelte es, „maximalen Abstand zur AfD zu halten“.
Von dem maximalen Abstand ist zwei Jahre später keine Rede mehr. Priens Genderverbot fügt sich nahtlos ein in den rechten Kulturkampf, den die Union derzeit gegen marginalisierte Gruppen führt. Beispiele aus jüngerer Vergangenheit gibt es reichlich.
- Bundestagspräsidentin Klöckner will zum CSD am 26. Juli in Berlin keine Regenbogenflagge hissen. Ausgerechnet jetzt, wo queerfeindliche Gewalt massiv zunimmt.
- Bundesinnenminister Alexander Dobrindt plant ein Sonderregister für trans* Personen. Unterzeichne jetzt die WeAct-Petition dagegen: Nie wieder Listen gegen Minderheiten.
- Die CDU in Hessen fordert ein Melderegister für Menschen mit psychischen Erkrankungen.
- Die Union im Bund geht weiter gegen die Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen vor. Ihre Hetzkampagne erreichte kürzlich einen neuen Tiefpunkt, als sie gegen die Richterin Frauke Brosius-Gersdorf vorging.
Die Union, die sonst immer wieder auf Sprach- und Redefreiheit und ja, auch auf Meinungsfreiheit, beharrt, geht derzeit aktiv gegen Minderheiten vor. Und genau um diese Minderheiten geht es bei geschlechtergerechter Sprache.
Gesellschaft ist vielfältig
Denn Deutsch ist nun mal eine Sprache, die das Geschlecht zum Ausdruck bringt. Sie macht sichtbar, dass unsere Gesellschaft vielfältig ist – sie spricht alle Menschen an, nicht nur Männer.
Wer seine Sprache inklusiv gestalten will, sollte das tun dürfen. Und wer dies als nicht notwendig empfindet, könnte es einfach lassen – es stattdessen zu verbieten und so weiter Stimmung gegen Minderheiten zu machen, hilft letztlich nur der AfD. Denn indem konservative Parteien, wie die CDU, die Themen der AfD übernehmen, machen sie die Rechtsextremen nur noch stärker – Studien belegen das.
Jetzt heißt es: Kreativ werden!
Laut Priens Beschluss sind zwar Formulierungen wie Lehrerinnen und Lehrer weiterhin möglich. Doch die Botschaft an queere Menschen ist fatal. Denn all diejenigen, die sich nicht dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, werden eben nicht mehr angesprochen. Erfreulich sind immerhin die vielen Kommentare im Netz (auch von Lehrpersonen), die sich jetzt gezielt damit befassen, wie sie das Verbot umgehen können. Möglichkeiten gibt es letztlich viele. Statt von Student*innen kann man von Studierenden sprechen, aus Protest lässt sich nur das generische Femininum nutzen oder man spricht seine Schüler*innen nur noch als „liebe zu beschulende Kinder“ an.
Dem Kulturkampf der Union muss sich niemand beugen. Jetzt ist Zeit, kreativ zu werden! Tipps gibt es unter anderem im Genderwörterbuch „Geschickt Gendern“.