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Trumps Project 2025: Ein Todesstoß für Klimaschutz und Demokratie

„We will drill, baby, drill!“ Donald Trumps Worte auf dem Parteitag der Republikaner vor über einer Woche könnten nicht klarer sein. Unter seiner zweiten Präsidentschaft würden Öl, Kohle und Fracking-Gas ein Comeback ungeahnten Ausmaßes erleben. Eine Einordnung.

Mitglieder der Aktivisten-Gruppe "Rise & Resist" protestieren am 20. Juli gegen Trump und das "Project 2025" vor dem Trump-Tower in New York. Sie halten Schilder mit schwarzer Schrift auf gelben Untergrund, auf denen zum Beispiel steht (übersetzt): "Schützt unseren Planeten", "Keine Diktatoren in den USA" und "Stop Trump".
Mitglieder der Aktivisten-Gruppe "Rise & Resist" protestieren am 20. Juli gegen Trump und das "Project 2025" vor dem Trump-Tower in New York. Foto: IMAGO / ZUMA Press Wire

Die Agenda seiner Republikanischen Partei ist da eindeutig: Der Klimaschutz wird abgesägt. Dahinter steht das „Project 2025“ der fossil-neoliberalen Denkfabrik der Heritage Foundation. Jene Organisation voller ultrakonservativer Hardliner, die die Republikaner für sich eingenommen haben. Sie planen neben dem Ausstieg aus dem Klimaschutz die Krönung Trumps und besiegeln damit womöglich das Ende der Demokratie in den USA. Angesichts dieser Gefahren wird die designierte Spitzenkandidatin der Demokraten, Kamala Harris, zum Hoffnungsanker für die USA und uns in Europa.

USA im Wetter-Schleudertrauma

Fast 5.000 Einsatzkräfte kämpfen derzeit in Kalifornien gegen den inzwischen sechstgrößten Waldbrand in der Geschichte des US-Bundesstaates. Zwar wird von Brandstiftung als Ursache ausgegangen, doch nachweislich fachen immer trockenere und heißere Sommer die Brände an. 

Erst letztes Jahr endete eine der härtesten Dürren in der Geschichte des US-Bundesstaates. Die Bilder von ausgetrockneten Seen, verlassenen Booten im Sand und Landwirt*innen vor zerstörten Existenzen gingen um die Welt.

Doch nach der Dürre kam der Regen. Und zwar so viel, dass der ausgedörrte Boden die Wassermassen kaum aufnehmen konnte. Orte wurden überschwemmt, Schlammlawinen stürzten die Hänge herab, in den Bergen türmte sich der Schnee so hoch, dass die Skisaison mancherorts bis in den Juli dauerte. Südkalifornisches Wetter-Schleudertrauma – so nennen US-Wissenschaftler*innen den abrupten Wechsel von Extremwetterereignissen, ein Symptom der Klimakrise.

Trumps politisches Kalkül

Kalifornien ist nur ein Beispiel in den USA, dass die extremen Folgen der Klimaerhitzung aufzeigt. Ob Rekordtemperaturen in Las Vegas oder neue Hurrikan-Stufen im Golf von Mexiko: Die Klimakrise und ihre Folgen treten immer öfter in immer extremeren Ausprägungen zutage. Angesichts dessen ist es umso erstaunlicher, dass sich Trumps exzessiver Anti-Klimaschutzkurs bei vielen so stark verfängt – und bei anderen eben auch nicht.

Laut Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „Pew Research“ aus dem vergangenen Jahr glauben 78 Prozent der den Demokraten nahestehenden Wähler*innen, dass der Klimawandel eine große Bedrohung für das Land darstellt. Dagegen sind nur 23 Prozent der Republikaner dieser Meinung

Genau auf diese Umfragen stützt sich Trumps Politikkurs, der den menschengemachten Klimawandel als Schwindel bezeichnet; 2012 behauptete Trump, es handelt sich um einen Komplott der Chinesen. Eine Aussage, von der er sich mittlerweile hin und wieder zu distanzieren versucht. Eine Agenda für den Klimaschutz? Damit kann Trump nichts gewinnen.

Die Radikalisierung einer einstmals progressiven Partei

Die Grundlage dieser anti-wissenschaftlichen Haltung liegt in der Radikalisierung einer kleinen republikanischen Gruppe – der Tea-Party-Bewegung. Finanziert aus dem fossilen Milliarden-Imperium der Koch-Brüder, tauchte im Sommer 2008 ein Schwurformular auf, das von „Americans for Prosperity“ in Umlauf gebracht wurde. Es war eine Selbstverpflichtung gegen eine CO2-Steuer.

Der Kampf gegen diese Steuer und den Handel von Emissionszertifikaten spitzte  sich weiter zu, als das demokratisch kontrollierte Abgeordnetenhaus ein entsprechendes Gesetz verabschiedete, welches dann im Senat scheiterte. Es war die erste Niederlage von Präsident Barack Obama im Kongress und der Moment, an dem sich der Widerstand der Republikaner in Klimafragen verhärtete.

Die Klimapolitik geriet in die Mühlen der politischen Polarisierung, und einige konservative Think-Tanks – allen voran die „Heritage Foundation“ – begannen, systematisch Zweifel an den Ergebnissen der Klimaforschung zu säen. Nach und nach verschwand der Klimaschutz und der Ausbau der erneuerbaren Energien aus dem Wahlprogramm der Republikaner. Parallel radikalisierte sich die Bewegung weiter und spitzt sich mittlerweile zum „Project 2025“ zu. Es bildet die Grundlage für das aktuelle republikanische Wahlprogramm, das das Wort „Klima“ nicht ein einziges Mal erwähnt. 

Das mögliche Ende des Pariser Klimaabkommens – und der Demokratie

Auf 922 Seiten skizziert die „Heritage Foundation“ ihr „Project 2025“, das ein ausgeglichene Klimas auf unserem Planten zerstören und das Leben für viele Menschen im globalen Süden zur Hölle machen würde. Zwei Beispiele: Subventionen und Steuererleichterungen für den Ausbau erneuerbarer Energien will die Organisation abbauen, Öl und Kohle priorisieren. Für die Regulierung der fossilen Energiekonzerne sollen demnach künftig Exxon, Shell und Co. selbst verantwortlich sein. 

Trump kündigte bereits an, alle Klimaschutzmaßnahmen abzuschaffen und sprach sogar von einer Prämie für Verbrenner-Autos, die unter seinem Namen eingeführt werden soll. De facto wäre das der Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, der unter Trump schon einmal stattfand. 

Eine Analyse der Nachrichtenseite „Carbon Brief“ zeigt: Trumps Amtszeit könnte die US-Emissionen bis 2030 um 4 Milliarden Tonnen erhöhen, was weltweite Klimaschäden in Höhe von 900 Milliarden US-Dollar mit sich brächte. Das 1,5-Grad-Ziel wäre dann nicht mehr erreichbar und wir können uns ausmalen, wie knapp es mit anderen lebensbedrohlichen Zielmarken wird, sollte Trump seinen angekündigten Kurs durchziehen.

Das allein wäre schon dramatisch genug für unsere Zivilisation, aber das „Project 2025“ geht noch deutlich weiter. Im Kern will es dafür sorgen, dass alle Maßnahmen Trumps auf lange Zeit gelten – einschließlich seiner eigenen Amtszeit. Die Demokratie soll zu einer Autokratie mit königartigen Kompetenzen für den US-Präsidenten umgebaut werden. Damit ist nicht nur das Pariser Klimaabkommen vor dem Ende, sondern auch die älteste Demokratie der Welt.

Wer Trump unterstützt, unterstützt die Autokratie

In dem Programm skizzieren die ultrakonservativen Anhänger, wie sie den US-Kongress schwächen und die Unabhängigkeit des Justizministeriums beenden wollen. Bereits Ende vergangenen Jahres sagte ein ehemaliger Trump-Regierungsbeamter:

Der erste Tag des Präsidenten wird eine Abrissbirne für den Verwaltungsstaat sein.

Russ Vought, früherer Trump-Regierungsbeamter

Direkt nach einer möglichen Wahl Donald Trumps will er 45.000 Beamt*innen entlassen und durch eine ultrakonservative Gefolgschaft ersetzen. Behörden wie das Bildungsministerium will er einschränken oder, wie im Falle der US-Notenbank, komplett abschaffen. 

Viele Teile des offiziellen Parteiprogramms der Republikaner und des „Project 2025“ stimmen im Wesentlichen überein. Es überrascht nicht, dass Trump in den über 900 Seiten namentlich 312 mal auftaucht. Ebenso wenig, dass Ultraliberatäre wie der Milliardär Peter Thiel (PayPal), die Kochbrüder-Milliardäre oder eben Trumps designierter Vizepräsident J.D. Vance kein Geheimnis daraus machen, was sie mit der ältesten Demokratie der Welt vorhaben.

Umso erstaunlicher ist, wenn hierzulande Jens Spahn (CDU) oder Carsten Linnemann (CDU) in Trump wahlweise eine „Chance“ sehen oder auf die Frage, ob sie Trump oder die Demokratin Kamala Harris unterstützen, zögern.

Wir müssen es als Demokrat*innen klar benennen, bei allen anderen politischen Differenzen: Trump will mit „Project 2025“ die USA in eine Autokratie führen und verbrennt unseren Planeten! Und nein, hier geht es nicht um die politische Balance und Diplomatie. Sollte Trump gewählt werden, werden wir einen Weg finden müssen, mit ihm umzugehen. Aber es bleibt unerlässlich, gegen faschistisch-autokratische Handlungen und Gedanken klare Kante zu zeigen, um unsere Demokratie und den Planeten zu schützen.

Der Rettungsanker namens Kamala Harris

Alle Zeichen deuten darauf hin, dass die Demokratin und derzeitige Vizepräsidentin der USA, Kamala Harris, von ihrer Partei als Ersatz für den derzeitigen US-Präsidenten Joe Biden ins Rennen gegen Trump geht. Ihre Kampagne hat wenige Tage nach ihrem Einstieg ins Rennen viele Menschen begeistert und Hunderte Millionen an Spenden in die Wahlkampfkassen gespült. 

Sollte sie final als US-Präsidentschaftskandidatin gewählt werden, dann wäre sie der einzige Rettungsanker auf einem Klimakurs, der das Pariser Klimaabkommen am Leben hält. Denn Harris kündigte bereits an, dass sie den Erfolgskurs Bidens beim Klimaschutz fortführen will.

Der setzte vor allem auf seine sogenannten Bidenomics, die auf  Investitionen und Steueranreize für die Cleantech-Industrien wie Solarmodul- und Windturbinenfabriken, Batterie- und E-Fahrzeugbauer setzt – und das mit Erfolg:

  • Im März dieses Jahres hat die Windkraft die Kohleverstromung zum ersten Mal überhaupt überholt – und Solar ist direkt dahinter.
  • Der Kauf und die Installation von Solarsystemen für Privathaushalte und Unternehmen, Batteriespeichern etc. hat um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen.
  • Ebenfalls in den letzten zwei Jahren wurden 152 Milliarden US-Dollar an neuen Investitionen in Erneuerbare und Fahrzeugtechnologie – allen voran Batterien – angekündigt. Ein Anstieg von 110 Prozent gegenüber den beiden Vorjahren.

Bidens Inflation Reduction Act (IRA) funktioniert und das ist für Harris ein Pfund. Ein weiterer Rettungsanker ergibt sich aus der einfachen Erkenntnis, dass die Ex-Staatsanwältin Harris selbst für den Rechtsstaat und demokratische Institutionen eintritt. Sie würde damit die US-Demokratie am Leben halten und ein klares Signal an Europa senden: Wir können die radikalen Kräfte eindämmen.

Trumps Einfluss auf Europa

Denn Trumps radikaler Kurs findet sich auch in Europa erschreckend einflussreich wieder. Die rechtsradikale AfD in Deutschland oder der französische Parteipartner Rassemblement National machen kein Geheimnis daraus, dass sie mit Trump und seinen Ideen liebäugeln. Ihr Feindbild gegen die liberale Demokratie eint sie.

Es ist daher nicht pathetisch, zu sagen, dass die diesjährige US-Wahl wohl zur Wahl über die Demokratie und Klimaschutz wird. Kamala Harris könnte zum Hoffnungsanker werden – für unsere Demokratie und einen lebenswerten Planeten.


Hinweis 5. August: In der ursprünglichen Version des Textes habe ich im ersten Absatz von der „Heartland Foundation“ gesprochen. Tatsächlich gibt es das „Heartland Institute“, das aber nicht für das Project 2025 zuständig ist. Gemeint ist hier die „Heritage Foundation“. Der Absatz wurde korrigiert.

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Autor*innen

Christoph Bautz ist Diplom-Biologe und Politikwissenschaftler. Er gründete 2002 gemeinsam mit Felix Kolb die Bewegungsstiftung, die Kampagnen und Projekte sozialer Bewegungen fördert. 2004 initiierte er mit Günter Metzges und Felix Kolb Campact. Seitdem ist er Geschäftsführender Vorstand. Zudem ist er Mitglied des Aufsichtsrats von WeMove, der europaweiten Schwesterorganisation von Campact, sowie der Bürgerbewegung Finanzwende. Alle Beiträge

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