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Die AfD ist profaschistisch

Die unterschiedlichen Strömungen innerhalb der AfD zerfleischen sich aktuell eher, als dass sie an einem Strang ziehen. Das ist aber kein Grund zum Aufatmen – sondern im Gegenteil sehr gefährlich.

Eine animierte Darstellung der "Woven City", einem neumodischen Stadtkonzept, welches das Unternehmen Toyota konzipiert hat.
Geschwungene Formen, gläserne Gebäude und ein Gefühl von futuristischer Leichtigkeit? So wie Toyotas "Woven City" könnten Städte im postfordistischen Faschismus aussehen – nicht neoklassizistisch mit starren Säulen und bombastischen Betonblöcken, wie man sich Faschismus sonst vorstellt. Quelle: IMAGO / ZUMA Wire

In Bremen tritt die AfD nicht zur Wahl an. Zwei konkurrierende Gruppierungen aus der AfD nahmen für sich jeweils in Anspruch, die AfD zu repräsentieren und waren dabei derart kompromisslos, dass schließlich keine antreten konnte. Solange sich Demokratiefeinde in der Opposition befinden, ist deren gegenseitiges Zerfleischen gut für die Demokratie. Diese Engstirnigkeit, dieses „lieber fliegt alles in die Luft, bevor ich nachgebe“, könnte gefährlich werden, sollte die AfD tatsächlich einmal Regierungsverantwortung übernehmen.

Nun hat aber die machtbesessene, machiavellistische AfD nicht nur diesen Wolfscharakter (nichts gegen Wölfe, ich spreche hier von der machiavellistischen Metapher des Wolfes), sondern auch den Charakter des Fuchses (der listige Fuchs Machiavellis). Und dieses listig-machtbesessene Verhalten ist in der Opposition sehr viel gefährlicher als das fanatisch-brachiale. Die eigentliche Gefahr ist nicht, dass sich die faschistische Strömung in der AfD durchsetzt (hier besteht ja sogar die Hoffnung, dass sie dann wie die NPD in die Bedeutungslosigkeit verschwindet), sondern dass ihre verfeindeten Strömungen sich zu etwas Neuem entwickeln.

Appell: Kein Steuergeld für die AfD-Stiftung

Die AfD-nahe Erasmus-Stiftung fordert Millionen Euro an Steuergeldern für ihre Arbeit. Unterzeichne jetzt den Campact-Appell. / Foto: Campact e.V. [CC BY-NC-ND 3.0]

Vom „gärigen“ Profaschismus …

Die AfD hatte von Beginn an drei Strömungen: Am stärksten war zunächst die neoliberale Strömung, die ich lieber „proprietaristisch“ nennen möchte, also auf die Interessen des kapitalistischen Privateigentums (lat. proprium) an Produktionsmitteln zentriert; im Schlepptau befanden sich aber auch bereits die Strömung der rechten Christ*innen und bereits im März 2013 sind unter anderem mit Andreas Kalbitz und Björn Höcke Faschisten in die AfD eingetreten. Und bekanntlich ist dieser faschistische Höcke-Flügel in der AfD immer stärker geworden, und er wird weiterhin stärker, was sich in der parteiinternen Demütigung von Oberst a.D. Rüdiger Lucassen zeigt.

Dass die AfD noch nicht komplett faschistisch ist, zeigt sich am Beispiel Bremen. Eine faschistische Partei hätte mit einem autoritärem Machtwort dafür gesorgt, dass die AfD in Bremen antritt. Dass sie das nicht gemacht hat, ist nicht unbedingt ein gutes Zeichen und wenn ich sage, dass die AfD (noch) nicht faschistisch ist, so ist dies nicht als Verharmlosung oder gar Entwarnung zu verstehen, ganz im Gegenteil.

Nach Alexander Gauland ist die AfD „ein gäriger Haufen“. Und was dort „gärt“ ist das braune Gärbecken des Faschismus. Ich nenne die AfD bislang noch profaschistisch, weil sie nach Außen durchgehend anti-antifaschistisch ist und zugleich im Inneren einen faschistischen Gärprozess nährt. Die AfD hat eben nicht nur den völkischen Nationalismus der NPD zu bieten, sondern weist auch andere demokratiefeindliche Bestrebungen auf. Ich hatte bereits 2013 auf die Demokratiefeindlichkeit marktradikaler Strömungen in der AfD aufmerksam gemacht und empfehle hier das aktuelle Buch „Crack-Up Capitalism. Market Radicals and the Dream of a World Without Democracy“ von Quinn Slobodian. Wir sollten uns davor hüten, einen neuen Faschismus als Kopie der Faschismen der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts zu verstehen.

Alle Beiträge zur AfD und zu Rechtsextremismus liest Du hier:

… zum neuen Faschismus des Postfordismus?

Die Faschismen des Zwanzigsten Jahrhunderts waren fordistische Faschismen. Als Fordismus (benannt nach Henry Fords Autofabriken) wird die Phase des Kapitalismus bezeichnet, die durch eine bestimmte Produktionsform (Fließbandarbeit, Massenproduktion), aber auch durch eine sehr vereinheitlichte Lebensweise (Arbeiter*innensiedlungen) geprägt war. In den 1970er Jahren setzte sich die Produktionsweise des Autoherstellers Toyota langsam durch und mit ihm Outsourcing, Just-in-Time-Produktion; aber auch mit der Neoliberalisierung der Regierungen sprechen wir heute von der Phase des postfordistischen Kapitalismus.

Ich denke, dass faschistische Regime aus dem Kapitalismus entstehen. Meine These ist, dass ein Faschismus, der aus einem postfordistischen Kapitalismus entstehen könnte, ganz andere Merkmale aufwiese, als die Faschismen, die aus dem fordistischen Kapitalismus entstanden. Ich spreche daher von der Gefahr eines postfordistischen Faschismus, also eines Faschismus mit Merkmalen des Postfordismus.

Neue Spielform des Kapitalismus

Der postfordistische Faschismus würde mit neuen technologischen Überwachungsmethoden arbeiten. Toyotas Modellstadt Woven City, welche als digitaler Zwilling einer Computersimulation erbaut wird mit der Vorgabe „Software first“, könnte ein Vorbild für eine solche Smart City des postfordistischen Faschismus werden. Probleme würden im postfordistischen Faschismus outgesourct, Geflüchtete könnten in ‚Global Cities‘ als von Privatunternehmen betriebenen Charter Cities an den Rändern Europas erbaut werden. Die Architektur könnte die eleganten geschwungenen Linien des Stils von Zaha Hadid aufweisen – stellen wir uns den neuen Faschismus nicht neoklassizistisch mit starren Säulen und bombastischen Betonblöcken vor. Vereinbar wäre solch ein Faschismus beispielsweise auch mit einer ‚Sonderentwicklungszone Lausitz‘ mit weitgehender Ausbeutungs- und Experimentierfreiheit des Kapitals.

Während die AfD um staatliche Fördergelder für die ihr nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) streitet, legt Campact einen Gesetzentwurf für parteinahe Stiftungen vor. Erfahre mehr über den Gesetzentwurf:

Der postfordistische Faschismus wäre zugleich ein „Klimafaschismus“. Diesen Begriff habe ich aus Cara New Daggetts Essay „Petromaskulinität“ übernommen. Sie geht davon aus, dass ein Großteil der Männlichkeiten energetisch geprägt ist durch die Möglichkeiten, die die Erdölförderungen und -verarbeitungen brachten. Ihre Sorge ist, dass viele Männer mit diesen fossilen Männlichkeiten Einschränkungen durch den Klimawandel und durch die Ressourcenknappheit ihrer Meinung nach immer weniger hinnehmen und sie könnten sich zu faschistischen, klimafaschistischen Männlichkeiten entwickeln.

Faschismen arbeiten mit den Versprechen, ökonomisch und politisch überkommenen Existenzweisen ein neues Reich zu verschaffen. Ernst Bloch bezeichnete dieses Versprechen des Nationalsozialismus für die Bauernschaft, den Adel und so weiter als „gleichzeitige Ungleichzeitigkeit“. Ein postfordistischer Faschismus würde gleichzeitig fordistische Lebensstile mit den technologischen und raumpolitischen Möglichkeiten des Postfordismus verbinden.

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Autor*innen

Andreas Kemper recherchiert als freischaffender Soziologe zu Netzwerken der Ungleichheit und analysiert deren Ideologien. Seine kritischen Analysen zu Klassismus/Neoliberalismus (klassismus.de), Rassenbiologie und organisiertem Antifeminismus (diskursatlas.de) führten bereits im Juli 2013 zu seinem Buch „Rechte Euro-Rebellion“ zur AfD als Sammelbecken dieser Strömungen. Es handelte sich hierbei um die mit Abstand erste kritische Buchpublikation zur AfD. Kemper warnte hier nicht nur vor der Entstehung einer rechten Partei, sondern konnte auch als erster die Anschubfinanzierung durch die Finck-Gruppe genau bestimmen. Nicht zuletzt seine profunden Recherchen zu Björn Höcke (alias Landolf Ladig) führten zur Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz. Aktuell ist Kemper Mitherausgeber des 'Dishwasher-Magazins' für Arbeiter*innenkinder und recherchiert zu totalitär-kapitalistischen Privatstadtprojekten. Alle Beiträge

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