Feminismus LGBTQIA*
Gender-Verbot: Ein Politikum
Bayern verbietet das Gendern in Universitäten, Schulen und Behörden. Die Empörung ist groß. Doch Söder ist mit seinem Gender-Hass längst nicht allein. Ein Überblick.
Vor knapp einer Woche hat sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gegen das Gendern ausgesprochen. Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt sind in bayerischen Behörden und Bildungseinrichtungen in Zukunft verboten. Der CSU gehe es um Verständlichkeit – und Parteichef Söder fragt sich, ob Deutschland keine anderen Probleme habe.
Die „anderen“ Probleme
Markus, wir können Dich beruhigen: Ja, es gibt andere Probleme – und zwar viele. Fangen wir mit dem Gender Pay Gap an, der seit drei Jahren bei 18 Prozent liegt. Oder wie wäre es damit: Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Zahlreiche Trans+ und binären Menschen leben ständig in Angst. Sie werden ausgegrenzt, fürchten Gewalt und Diskriminierung. Ein Gender-Verbot mache alle Bemühungen nach mehr Sichtbarkeit dieser Menschen zunichte, mahnen Kritiker*innen in einem offenen Brief. Ein Gender-Verbot ist vor allem eins: der Tod von Geschlechtergerechtigkeit.
Petition: Stoppt das Genderverbot!
Auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact, fordern bereits über 12.000 Menschen das Genderverbot in Bayern zu stoppen.
Deutsche Sprache gendert immer
Deutsch ist eine Sprache, die das Geschlecht zum Ausdruck bringt. Für Substantive gibt es drei unterschiedliche Geschlechter: männlich, weiblich und sächlich. Gendern ist seit jeher Teil unserer Sprache. Worum es Söder geht, ist also nicht das Gendern an sich. Er verhindert die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache – einer inklusiven Sprache.
Campact kämpft seit Jahren für die Geschlechtergerechtigkeit; deshalb verwenden wir in unseren Texten das Gendersternchen. Damit sich auch alle angesprochen fühlen, die sich nicht dem klassischen Cis-Mann – also einem Markus, Hubert oder Friedrich – zugehörig fühlen. Denn Sprache ist ein mächtiges Mittel, um Lebensrealitäten abzubilden. Sprache schafft Realität.
Bisher gab es nirgendwo in Bayern eine Gender-Pflicht, ein Verbot ist also schlicht absurd. Immerhin bleibt Söder damit der Linie der Union treu: Ob Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Hasselhoff oder Parteichef Merz – sie alle haben die gegenderte Sprache auf dem Kieker. Merz hatte im vergangenen Sommer die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender angegriffen und behauptet, Gendern spalte die Gesellschaft und jede gegenderte Nachrichtensendung treibe die Wähler*innen in die Arme der AfD.
In diesen Bundesländern gibt es ein Gender-Verbot
Auch in Sachsen-Anhalt hat die CDU-Bildungsministerin das Sternchen an Schulen verboten. Geschlechtergerechtigkeit, nein danke! Und seit vergangener Woche dürfen Schüler*innen in Hessen in Abschlussprüfungen keine Genderzeichen mehr verwenden. Doppelpunkt, Sternchen oder Unterstrich würden als Fehler gewertet und könnten zu einer schlechteren Note führen, teilte das CDU-Kultusministerium mit. Damit geht Hessen sogar noch weiter als Bayern. Dort gibt es zwar jetzt auch ein Verbot, doch müssen die Schüler*innen wenigstens nicht um ihre Noten fürchten.
Gendern und AfD
Neben der Union legt sich auch die AfD ins Zeug, um sich vom Gendern abzugrenzen: Sie ist die einzige Partei, die sich sogar in ihrem Wahlprogramm mit dem Thema befasst und sich dort von der vermeintlichen „Gender-Ideologie“ abgrenzt, und sich auch sonst sehr offensiv für ein Gender-Verbot einsetzt. In Sachsen hat die Partei bereits 2021 ein solches Verbot durchgesetzt.
Gendern als Politikum
Es ist spannend zu beobachten, wie vor allem die Gegner geschlechtergerechter Sprache Gendern immer wieder zum Thema machen. Dabei wäre die Lösung doch so einfach. Du willst nicht gendern? Gut. Dann lass es. Aber statt dagegen zu hetzen, nutze Deine Zeit und Energie lieber für etwas anderes – da müsste den Landesregierungen eigentlich eine Menge einfallen.
Und wer seine Sprache inklusiv gestalten will, kann das gerne tun. Sei es mit Doppelpunkt, Sternchen oder einfach durch geschickten Gebrauch der deutschen Sprache: Statt von Student*innen kann man von Studierenden reden, von Team statt von Mitarbeiter*innen oder von praxisbezogen statt von anwenderbezogen. Das ist lesefreundlich, klar, verständlich, frei vom „bösen“ Gendersternchen und trotzdem inklusiv.