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Wolfsgruß, Kühnengruß, Doppeladler und Co. – So erkennst Du rechtsextreme Handzeichen

Schweigefuchs, Ok-Zeichen und ein erhobener Finger: In anderen Zusammenhängen harmlose Gesten. In manchen Kontexten funktionieren sie aber auch als Erkennungssymbol von Extremisten. Die wichtigsten rechtsextremen Handzeichen im Überblick.

EM-Viertelfinale in Berlin: Bei Spiel Niederlande - Türkei zeigen türkische Fans den Wolfsgruß.
EM-Viertelfinale in Berlin: Bei Spiel Niederlande - Türkei zeigen türkische Fans den Wolfsgruß. Foto: IMAGO / Matthias Koch

Seit dem EM-Spiel der Männer der Türkei gegen Österreich ist eine Geste aus der Berichterstattung nicht wegzudenken: der sogenannte Wolfsgruß. Er ist das Symbol der „Grauen Wölfe“, einer rechtsextremen Gruppierung in der Türkei. Jetzt fällt die Geste überall auf – auch, weil viel mehr Menschen sie nun erkennen.

Wolfsgruß 🤘

Der Wolfsgruß ist ein Handzeichen, bei dem Ring- und Mittelfinger auf den Daumen gepresst und der kleine Finger sowie der Zeigefinger nach oben gestreckt werden. In Kindergärten und Schulen ist das Zeichen auch als Schweigefuchs oder Leisefuchs bekannt. Es hat leichte Ähnlichkeit mit der „Heavy-Metal-Hand“, auch Teufelsgruß oder Mano cornuta (ital. „gehörnte Hand“) genannt, die vor allem in der Metal-Community als Symbol bekannt ist.

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Das Handzeichen gilt als Erkennungssymbol der Anhänger der rechtsextremistischen türkischen „Ülkücü“-Bewegung, die auch „Graue Wölfe“ genannt und in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet werden. In der Türkei ist die ultranationalistische „Milliyetçi Hareket Partisi“ (MHP) ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der Gruß drückt in der Regel die Zugehörigkeit und das Sympathisieren mit der Bewegung und ihrer Ideologie aus. Die „Grauen Wölfe“ gründeten sich Mitte des vergangenen Jahrhunderts in der Türkei und bezeichnen sich selbst als „Idealisten“ (Ülkücüler). Ihr Ziel ist ein großtürkisches Reich, das sich vom Balkan bis nach Westchina erstrecken soll. Feindbilder sind beispielsweise Kurden, Juden, Christen, Armenier, Griechen und Kommunisten.

Wie rechtsextrem der Wolfsgruß ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Laut dem türkischen Außenministerium könne nicht jede Person, die den Wolfsgruß zeige, als rechtsextremistisch bezeichnet werden. Schließlich sei in Deutschland weder der Wolfsgruß noch die Mitgliedschaft in der extrem nationalistischen Bewegung verboten. Der Soziologe Burak Yılmaz sieht in dem Zeichen jedoch ein volksverhetzendes, menschenverachtendes „faschistisches Symbol voller Hass“. Yılmaz befasst sich seit langem mit türkischem Rechtsextremismus. Seine Ansicht unterstützen auch andere Expert*innen. Dass Demiral versucht, den Wolfsgruß mit seiner türkischen Identität zu rechtfertigen, bezeichnet Yılmaz als Verharmlosung: „Wenn er sagt, das ist Zeichen der Türken, da müsste man ihn korrigieren und sagen: Nein, es ist ein Zeichen von Faschisten“.

Wie auch bei rechtsextremen Emojis bzw. Codes oder Ästhetiken und Stilen muss man den Kontext mit betrachten. Manche rechtsextremen Handzeichen sind unmissverständlich ausschließlich in rechten Kreisen üblich. Andere wurden von Rechten vereinnahmt oder umgedeutet. Deshalb ist es so wichtig, sie zu kennen und richtig einordnen zu können.

Hitlergruß, Kühnengruß, Quenelle-Gruß 🙋‍♂️

Der Hitlergruß (eine nach schräg oben ausgestreckte, flache rechte Hand) gehört eindeutig zu den rechtsextremen Handzeichen. Die Nationalsozialisten übernahmen ihn vom Saluto romano des italienischen Faschismus und er war Ausdruck des nationalsozialistischen Personenkults um Adolf Hitler. Anfang des Jahres machte das rechtsextreme Handzeichen wieder Schlagzeilen: Anhänger der italienischen faschistischen Gruppe „Casa Pound“ zeigten die Geste bei einer Gedenkveranstaltung. In Deutschland und Österreich ist der Gruß seit Ende des Zweiten Weltkriegs verboten. Im Internet verwenden Rechte ein bestimmtes Emoji, um den Hitlergruß zu symbolisieren: 🙋‍♂️.

Der Kühnengruß ist eine Abwandlung des Hitlergrußes. Dabei wird der rechte Arm ausgestreckt und Daumen, Zeige- und Mittelfinger abgespreizt, die anderen Finger bleiben angewinkelt. Die Finger bilden so ein „W“ für „Widerstand“. Benannt ist er nach Michael Kühnen, einem ehemaligen Anführer in der Neonazi-Szene. Mit der Abwandlung in dieses neue rechtsextreme Handzeichen sollte vermutlich das Verbot des Hitlergrußes umgangen werden. Der Kühnengruß ist in Österreich nicht strafbar, in Deutschland gilt er als umstritten.

Eine weitere Abwandlung des Hitlergrußes ist der so genannte Quenelle-Gruß: Eine Hand wird auf den anderen, durchgestreckten Arm gelegt. Dieses rechtsextreme Handzeichen geht auf den französischen Komiker Dieudonné M’bala M’bala zurück. Dieser ist für seine antizionistischen und antisemitischen Positionen bekannt und gilt als prominenter Vertreter des Rechtsextremismus. Die Geste ist vor allem in Frankreich verbreitet. Sie wird daher auch als „französische Nazi-Geste“ oder „umgekehrter Hitlergruß“ bezeichnet. Auch der Quenelle-Gruß war einmal Hintergrund eines Fußball-Eklats.

Ok-Handzeichen 👌🏻

Das Ok-Zeichen war (zumindest in den meisten Teilen der Welt) schon immer ein Zeichen der Zustimmung oder dafür, dass alles in Ordnung ist. Das änderte sich 2017: Ein anonymer Nutzer rief auf der Online-Plattform „4chan“ andere Mitglieder dazu auf, Twitter und andere Websites mit der Behauptung zu überschwemmen, das Okay-Handzeichen sei ein Symbol der weißen Vorherrschaft („White Supremacy“). Eine Grafik zeigte ausgestreckte Finger, die für W und P („white power“) stehen sollten. Aus dem Scherz wurde Ernst, als Neonazis und andere White Supremacists das Zeichen tatsächlich für sich vereinnahmten – auch als „Gegenbewegung“ zur hochgestreckten Faust ✊🏿, dem Symbol für „Black Power“, einer Bürgerrechtsbewegung der Afroamerikaner.

Die jüdische Bürgerrechtsbewegung „Anti-Defamation League“ hat das rechtsextreme Handzeichen in ihre Datenbank „Hate on Display“ aufgenommen, weil es im Netz mittlerweile mit weißer Vorherrschaft assoziiert wird. Gleichzeitig weist sie aber auch darauf hin, dass die meisten Menschen das Okay-Handzeichen nach wie vor in seiner traditionellen Bedeutung verwenden. Nicht jede Person, die das Handzeichen zeige, sei ein*e Anhänger*in der extremen Rechten. „Nur, wenn das Handzeichen in Zusammenhang mit weiteren klaren Indikatoren für white supremacy verwendet wird, kann man diesen Schluss ziehen“, schreibt die Organisation.

Auch wenn das Handzeichen seinen Ursprung im Internet und bei den White Supremacists in den USA hat – in Europa ist es längst angekommen. So wurde das Zeichen bereits im Umfeld von AfD-Politkern sowie bei Mitgliedern der Identitären Bewegung (IB) gesehen.


Dann gibt es noch Handzeichen, bei denen eine extremistische Auslegung sehr umstritten ist. Bei ihnen kommt es stark auf den Kontext an: Wo wird das Zeichen gemacht, von wem, welche politische oder gesellschaftliche Position hat diese Person, und was wird dabei gesagt?

Tauhid-Finger ☝🏾

In der Herren-Nationalmannschaft gab es in diesem Jahr schon einmal Wirbel um eine vermeintlich extremistische Handgeste. Der deutsche Fußball-Nationalspieler Antonio Rüdiger veröffentlichte am 11. März auf Instagram ein Foto, das ihn in einem weißen Gewand auf einem Gebetsteppich zeigt; seine rechte Hand formt die Tauhid-Geste, einen nach oben gestreckten Zeigefinger. Das Zeichen ist eine typische Geste bei Muslimen und Teil eines jeden Gebets. Diese Geste symbolisiert im Islam die Einheit Gottes – im Gegensatz zur christlichen Dreifaltigkeitslehre. Fußballspieler Rüdiger veröffentlichte das Foto zum Start des Ramadan.

Diskutiert wurde vor allem die Reaktion von Julian Reichelt auf das Posting, dem ehemaligen Chefredakteur der Boulevardzeitung „Bild“. Er schrieb vor einem Spiel der Nationalelf auf X (ehemals Twitter): „Islamismus heute Abend in der deutschen Start-Elf.“ Rüdiger habe mit dem erhobenen Zeigefinger eine islamistische Geste gezeigt, so Reichelt.

Tatsächlich haben in den vergangenen Jahren Jihadisten wie beispielsweise der Islamische Staat die Geste als Erkennungszeichen verwendet. Der Tauhid-Finger kann aber auch einfach als Glaubensbekenntnis verstanden werden. Der Kontext macht den Unterschied. Fußballer Rüdiger zeigte sich in der Diskussion selbstkritisch: Da er zu unaufmerksam gewesen sei, habe er anderen die Chance gegeben, „mein Posting bewusst falsch auszulegen, um zu spalten und zu polarisieren“.

Doppeladler 🦅

Ein Fan der albanischen Mannschaft zeigt den Doppeladler beim EM-Spiel Albanien gegen Spanien. Beim Handzeichen "Doppeladler" sind die Daumen vor der Brust verhakt, die Handrücken zeigen nach vorne, die restlichen Finger sind ausgestreckt.
Ein Fan der albanischen Mannschaft zeigt den Doppeladler beim EM-Spiel Albanien gegen Spanien. Foto: IMAGO / Eibner

Beim Handzeichen „Doppeladler“ sind die Daumen vor der Brust verhakt, die Handrücken zeigen nach vorne, die restlichen Finger sind ausgestreckt. Wer das Zeichen erfunden hat und wo es zuerst auftauchte ist, ist „nicht erforscht“, sagt der Albanien-Experte Martin Prochazka. Die Flagge der Republik Albanien, ein Doppeladler auf rotem Grund, gilt in der Region als die Flagge aller ethnischen Albaner. Der zweiköpfige Adler ziert die Wappen oder Flaggen vieler Länder. Im albanischen Sprachraum umgibt das Fabeltier jedoch ein besonderer Mythos: Albaner übersetzen ihren Volksnamen gern als „Adlersöhne“. „Shqiperia“ (sprich Schtschiperia), wie Albanien in der Landessprachne heißt, kommt demnach angeblich von „shqiponja“, dem albanischen Wort für Adler.

Auch im Fußball war der Doppeladler schon Thema, nämlich bei der Weltmeisterschaft 2018: die sogenannte „Doppeladler-Affäre“. Der Schweizer Nationalspieler Granit Xhaka (ein Schweizer mit albanischer Migrationsgeschichte; seine Eltern sind Kosovo-Albaner, die 1990 in die Schweiz kamen) hatte nach einem Tor im Spiel Schweiz gegen Serbien ebenso wie sein Mannschaftskollege Xherdan Shaqiri die Handbewegung gezeigt. Vor allem die serbischen Fans fühlten sich dadurch provoziert. Serbien und Albanien haben, zusammen mit dem Kosovo, eine gemeinsame, konfliktreiche Geschichte und Verbindung.

Die albanische Gemeinschaft hält dagegen: Die zum Doppeladler geformten Hände als Geste seien eine Modeerscheinung der nach 1990 geboren Generation. Sie richte sich gegen niemanden, sei nicht beleidigend und solle von keiner Seite als störend empfunden werden. Vielmehr sei der „flatternde Doppeladler“ eine Geste der Freude, eine Grußform, ein Ausdruck und ein Symbol eines Stückes der Identität der Albaner weltweit.

Drei-Finger-Gruß

Der Drei-Finger-Gruß, auch „serbischer Gruß“ genannt, ist eine Geste der rechten Hand, bei der Daumen, Zeige- und Mittelfinger ausgestreckt und der Ring- und der kleine Finger angewinkelt werden. Der Drei-Finger-Gruß hat seinen Ursprung in der Geste, mit der die Hand zum Schwur erhoben wird. Wie dieser hat auch der Drei-Finger-Gruß einen religiösen Hintergrund; da die meisten Serben der orthodoxen Kirche angehören. Die Geste gilt seit Anfang der 2000er-Jahre bei vielen Serben als allgemeiner serbischer Gruß. Von den Nachbarvölkern der Serben wird die Geste als nationalistisch angesehen und ihre Verwendung teilweise als Provokation aufgefasst.


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