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Jung, männlich, gewaltbereit: Wer den CSD bedroht

Horden von jungen Neonazi-Männern bedrohen Pride-Umzüge in Bautzen, Leipzig oder Magdeburg. Was es mit dieser neuen Gewaltbereitschaft gegen CSDs auf sich hat und was Du tun kannst, liest Du hier.

Foto vom CSD in Leipzig: Zwei Frauen stehen mit dem Rücken zu Kamera. Beide haben auf ihrem Rücken mit Lippenstift Botschaften geschrieben: "Nazis sind nerviger als Wespen" und "Love is a terrible thing to hate".
Über 21.000 Menschen feierten am 17. August in Leipzig friedlich den CSD. Die geplante, rechte Gegendemo wurde vorzeitig durch den Anmelder beendet. Gegen die Versammlungsteilnehmer wird ermittelt. Ersatzveranstaltungen und -versammlungen wurden von den örtlichen Behörden untersagt. Foto: IMAGO / EHL Media

„Ob Ost, ob West, nieder mit Homo-Pest“, „Ausländer raus“, „Nazi-Kiez“ – Nazi-Parolen schallen vor wenigen Tagen durch den Leipziger Hauptbahnhof. Der aggressive Mob will den Pride-Umzug in Leipzig bedrohen und angreifen, so wie es Rechtsextreme wenige Tage zuvor bereits in Bautzen getan haben. Mittendrin: AfD-Anhänger mit Fahnen der Partei

Die AfD ist längst der parlamentarische Arm der gewaltbereiten rechtsextremen Szene – und könnte bei den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen stärkste Kraft werden. Ihr gewalttätiger Anhang auf der Straße geht aktuell gezielt gegen Christopher Street Days (CSDs) vor. 

Queere Prides, also Demonstrationen für Vielfalt, Gleichheit und Freiheit, anzugreifen, ist kein neues Thema für Rechte. Allein für 2023 lässt sich eine längere Liste aufstellen. Ob Buttersäurenanschläge, Hitlergrüße am Rande des Umzugs oder Flaschenwürfe – immer dort, wo queeres Leben sichtbar wird, ist es Bedrohungen und Angriffen ausgesetzt, insbesondere von Rechts. Das gilt vor allem für CSDs. Übrigens nicht nur im Osten, denn auch in Westdeutschland gibt es mindestens für 2023 diverse Vorkommnisse rechter Übergriffe auf CSDs

Neue Qualität der Gewalt

Doch in diesem Jahr erleben wir eine neue Qualität der gezielten und organisierten Bedrohung und Angriffe, vor allem in Ostdeutschland. Bautzen war erst der Anfang, denn die „CSD-Saison“ ist noch nicht beendet. Eine Horde gewaltbereiter, vor allem junger Männer, die in Hooligan-Manier durch die Straßen ziehen und bis auf wenige Meter auf den Pride-Umzug herantreten, um ihn aggressiv zu bedrohen. Die Bilder aus Bautzen gingen durch alle Medien. Sonst kannten wir solche Bilder in Europa vor allem aus Polen oder Ungarn, wo radikale Homo-Hasser CSDs angriffen und versuchten, die Paraden zu verhindern. Wer hätte gedacht, dass sie auch in der Tagesschau laufen würden?

Schaut man etwas genauer auf den aggressiven Mob, sieht man zuallererst sehr junge Menschen, ja teilweise Kinder. Man sieht eindeutige Nazi-Klamotten und -Shirts, man sieht vor allem Männer und man sieht den „White Power“-Gruß. Auffallend wenige Transparente, also wenig demo-typische Meinungsbekundung. Dafür sich immer wiederholende, eingängige, grölende Sprechchöre. Auffallend wenig, wenn überhaupt, Redebeiträge, wie bei (auch rechten) Demonstrationen üblich. 

Dass so viele Jugendliche und junge Männer an diesen Veranstaltungen teilnehmen, kann nur besorgt machen. Gerade pubertierende junge Männer sind extrem empfindlich, was ihre Männlichkeit angeht. In diesen toxischen Männerhorden finden sie vermeintliche Idealbilder von Männlichkeit vor, denen sie nacheifern können, sich in der Gruppe profilieren und so zu einer besonderen Gewaltbereitschaft neigen. Fast clan-artig finden sich dort Männer-Bünde zusammen, die sich durch ihren Hass auf vermeintliche Abweichungen und Andersartigkeit einen.

Organisierte Absprachen

Alles in allem zeichnet sich ein sehr Hooligan-nahes Bild, also ein Auftreten in Form von gewaltbereiten Fußballfans. Julius Geiler vom Tagesspiegel hatte bereits letztes Jahr beim Anti-CSD-Auftritt des Faschisten Höcke in Oranienburg als auch dieses Jahr bei der Bedrohung des CSD Bautzen festgestellt, dass sich das Demopersonal auch aus aggressiven Fußballfans über Club-Grenzen hinweg speist. Bekannterweise ist das eine besonders gewaltbereite Klientel. Daher sind auch die CSDs einer besonderen Bedrohungslage ausgeliefert. 

Auf Instagram, TikTok und Twitter verabreden sich diese Neonazis, um CSDs anzugreifen, zu bedrohen und Teilnehmende zu jagen. Das war für Bautzen und Leipzig schon so und kürzlich für den CSD in Magdeburg. Seit neuestem steht zum Beispiel der CSD in Wismar im Visier. Es sind noch knapp drei Wochen bis dahin, also noch einiges an Mobilisierungszeit. In Bautzen, Leipzig und Magdeburg ist es bei Drohgebärden geblieben. Man könnte sogar meinen, die Nazis haben ihr Ziel verfehlt. Nicht nur durch Polizeipräsenz, sondern auch durch antifaschistische Blockaden, wie zum Beispiel am Leipziger Bahnhof. Das könnte als Niederlage tief sitzen und sich die Wut darauf final in Wismar entladen. 

Solidarität schützt

Doch bevor Mitte September Wismar die CSD-Saison fast abschließt, sind noch einige weitere Demos im August und Anfang September geplant: In Freiberg, Zwickau, Gotha, Erfurt und weiteren Städten stehen Pride-Paraden an. Gerade an Terminen nach den Landtagswahlen könnte sich durch das öffentliche Erstarken der AfD eine neue Welle rechter Gewalt entspinnen. Hier ist gutes Monitoring der rechten Strukturen vor Ort gefragt und entschlossenes Handeln zum Schutz der CSDs.

Für die Landtagswahlen zeigt sich: Je stärker die AfD wird, desto schlechter wird das Klima für LGBTQIA*-Personen. Deswegen ist es umso wichtiger, gerade vor den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen die Pride nicht den Nazis zu überlassen. Weder durch ihre Drohgebärden, noch durch ihre Politik. 

Klar ist allemal: Wenn CSDs angegriffen werden, wird unsere Gesellschaft angegriffen. Wenig andere Demonstrationen stehen so für progressive Rechte, Freiheit und Gleichheit wie der Christopher Street Day. Deswegen ist es so wichtig, dass sich möglichst viele Menschen an diesen Umzügen beteiligen und sich solidarisch zeigen. Denn Masse schützt. 

Hier findest du eine Liste der Christopher Street Days noch in diesem Jahr – sei dabei!

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Autor*innen

Danny Schmidt ist seit 2019 Campaigner bei Campact. Als Teil des Kampagnen-Teams gegen Rechts setzt er sich vor allem gegen das Erstarken rechter Strukturen, Bewegungen und Parteien ein. Als Nachwendekind aus der ostdeutschen Provinz lässt ihn die Frage der ostdeutschen Identitäten nicht los – für den Campact-Blog schreibt Danny Schmidt für, über und aus Ostdeutschland. Alle Beiträge

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