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SPD: Klare TTIP-Kritik vor Gabriels Freihandelskonferenz

In der SPD spitzt sich die Auseinandersetzung um die FreihandelsDeregulierungs-Abkommen TTIP und CETA mit den USA und Kanada weiter zu. Parlamentarische Linke und die SPD-Grundwertekommission unter Vorsitz von Gesine Schwan haben Papiere vorgelegt, die eine gemeinsame Botschaft haben: TTIP und CETA - so wie geplant jedenfalls nicht!

In der SPD spitzt sich die Auseinandersetzung um die FreihandelsDeregulierungs-Abkommen TTIP und CETA mit den USA und Kanada weiter zu. Parlamentarische Linke und die SPD-Grundwertekommission unter Vorsitz von Gesine Schwan haben Papiere vorgelegt, die eine gemeinsame Botschaft haben: TTIP und CETA – so wie geplant jedenfalls nicht!

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Am Montag lädt Sigmar Gabriel die (neo) liberale EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nach Berlin ein. Vormittags plauschen beide mit den Konzernen und dem US-Botschafter auf dem exklusiven „Transatlantischen Wirtschaftsforum“ des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI). Die Anmeldung hierfür ist „nur auf persönliche Einladung“ möglich. Nachmittags kommt dann eine Anzahl von SPD-Delegierten ins Willy-Brandt-Haus, um auf der „SPD Freihandelskonferenz“ mit Gabriel und Malmström über „Chancen und Risiken“ von TTIP zu diskutieren.

Parlamentarische Linke beharrt auf SPD-Positionen

Im Vorfeld hat die Parlamentarische Linke, mit fast 90 Abgeordneten die größte Untergruppe der SPD-Fraktion im Bundestag, massive Nachbesserungen am CETA-Abkommen mit Kanada gefordert. In dem am Freitag veröffentlichten Positionspapier heisst es:

 Damit TTIP und CETA zu fairen Handelsabkommen werden, muss sich aber noch einiges ändern. Das betrifft insbesondere den bereits vorliegenden Entwurf für das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada.

Besonders im Fokus stehen dabei die Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS), auch als Paralleljustiz für Konzerne bezeichnet. Die Parlamentarische Linke bleibt hier glasklar bei den bereits im September beschlossenen Positionen der SPD und sagt Nein:

Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) lehnen wir ab. Der Investitionsschutz in CETA muss von öffentlichen Gerichten ausgelegt werden, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Das öffentliche Rechtssprechungsmonopol muss gewahrt werden.

Aber es geht nicht nur um die Paralleljustiz für Konzerne. Auch in Sachen Dienstleistungen fällt der im CETA-Abkommen verankerte sogenannte Negativlistenansatz bei der Parlamentarischen Linken der SPD durch. Dieser sieht vor, dass alle Dienstleistungen liberalisiert werden, sofern sie nicht beim Abschluss des Abkommens ausdrücklich ausgenommen werden. Stillhalte- und Sperrklinken-Klauseln in CETA verhindern die Re-Kommunalisierung einmal privatisierter öffentlicher Daseinsvorsorge – auch dagegen wendet sich die Parlamentarische Linke sehr entschieden:

Nur Dienstleistungen, die dafür ausdrücklich vorgesehen sind, dürfen liberalisiert werden (Positivlistenansatz). So kann auch in Zukunft entschieden werden, bestimmte Bereiche nicht zu liberalisieren. Den im Entwurf vorgesehenen Negativlistenansatz lehnen wir ab. Auf keinen Fall darf das Abkommen die Re-Kommunalisierung von Bereichen öffentlicher Daseinsvorsorge verhindern.

Weitere wichtige Punkte sind die verbindliche Einhaltung von Sozial- und Nachhaltigkeitsstandards einschließlich der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, und die Kritik am Vorhaben der „regulatorischen Kooperation“. Insgesamt ist das Papier bemerkenswert konkret – ein wesentlicher Fortschritt gegenüber vielen recht allgemein gehaltenen bisherigen Papieren.

Die Kriterien der Parlamentarischen Linken sind nichts „Revolutionäres“: Damit besteht sie nur auf den Positionen, die die SPD vor der Europawahl den Bürgern versprochen hatte. Derlei Verlässlichkeit würde das Vertrauen der Bürger in die Politik stärken – im Gegensatz zu einem Wirtschaftsminister, der heute nur allzu leicht vergisst, was er gestern den Bürgern im Wahlkampf noch versprochen hatte.

SPD-Grundwertekommission: Bemerkenswerte Klarheit

Auch die SPD-Grundwertekommission unter Vorsitz von Gesine Schwan – einst Kandidatin der SPD für das Amt der Bundespräsidentin – meldete sich mit einem bemerkenswerten Papier zu Wort. Es stellt die Frage: „TTIP und die sozialdemokratischen Grundwerte: Ein Konflikt?„. Lesen Sie selbst – am Ende liegt ein „Ja“ auf diese Frage sehr nahe.

Was für die Grundwertekommission die entscheidende Frage im Kontext von TTIP ist:

Soll die transatlantische und künftig die globale Handelsarchitektur eine Res publica sein, also eine öffentliche Angelegenheit, die der öffentlichen Regulierung und somit der demokratischen Kontrolle durch die Politik, also letztlich durch den Souverän bedarf? Oder soll die transatlantische Handelsarchitektur eine Res privata sein, die dem Marktprozess anheimgestellt ist und im Wesentlichen von den privaten Marktakteuren selbst verwaltet wird?

TTIP und das bereits 2014 von der EU mit Kanada ausgehandelte und in vielerlei Hinsicht modellhafte Freihandelsabkommen CETA beantworten diese Frage offensichtlich im Sinne einer Res privata. Markanter Beweis sind die Investor-Schiedsverfahren, die als private Gerichtsbarkeit organisiert werden sollen und die letztliche Kontrolle über die gesamte Architektur ausüben.

In die gleiche Richtung weist aber auch die grundlegende Logik der Abkommen. Sie streben nach Angleichung der Handelspartner. Angleichung heißt – zunächst völlig unabhängig von der Frage, ob am Ende eine Verschärfung oder Abschwächung von Standards steht -, dass der politische Entscheidungsprozess über die inländischen Marktgegebenheiten auf beiden Seiten des Atlantiks eingeschränkt wird. Es wird auf diese Weise immer mindestens eine politische Regulierungsentscheidung, im Extremfall sogar zwei Entscheidungen durch eine private transatlantische Superregulierungsinstanz, die jeder demokratischen Kontrolle entzogen ist, aufgehoben. Mit anderen Worten: Das durch wirtschaftliche Überlegungen und Bewertungen geprägte Angleichungsbestreben schränkt die politischen Entscheidungsspielräume deutlich ein.

Abschliessend fasst das Papier zusammen:

Es geht nicht um ein Pro und Kontra von Freihandel, es geht nicht um Pro- oder Anti-amerikanismus. Es geht um die Rolle demokratischer Politik bei der Gestaltung und Kontrolle der transatlantischen Handelsstruktur. Es geht um den Primat der Politik über die Wirtschaft und die dem widersprechende mögliche Grundentscheidung, die Handelsarchitektur mit TTIP zu einer Res privata zu machen.

Danke Gesine Schwan – genau das ist der Punkt.

Gabriel: Mit den Bürgern oder mit den Konzernen?

Gabriel ist in einer denkbar unangenehmen Lage, wie Michael Bauchmüller in der Süddeutschen Zeitung konstatiert. Als Wirtschaftsminister hat er ein sehr offenes Ohr für die Konzerne. Das wird er am Montag beim BDI sicher erneut unter Beweis stellen. Doch als SPD-Parteichef kann er die massiven Widerstände in der SPD nicht ignorieren. Nicht zuletzt, weil die SPD von unzähligen Bürgern – am Telefon und auf der Straße – immer wieder hört: „Demokratie retten – TTIP & CETA stoppen!“.

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Flashmob gegen TTIP im Europa-Wahlkampf der SPD

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All das zeigt: Unser Protest wirkt. Jetzt heisst es dranbleiben und einen langen Atem haben. Am Montag werden wieder zahlreiche Campact-Aktive vor der SPD-Freihandelskonferenz protestieren und mit den Delegierten ins Gespräch kommen. Falls Sie spontan Zeit haben, kommen Sie zur Aktion am Montag 23. Februar, 13 Uhr Willy-Brandt-Haus, Wilhelmstraße 140, 10963 Berlin .

PS: Stop TTIP und Mehr Demokratie kommentieren die SPD-Konferenz auf twitter

Wer den Kurznachrichtendienst twitter nutzt, kann Kommentare zur Konferenz hier mitverfolgen: Für „Stop-TTIP“ twittert der Account „@Volksentscheid“. Hashtag: #TTIPKonferenz

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Autor*innen

Jörg Haas, Jahrgang 1961, war Campaigner bei Campact. Nach einem Berufseinstieg in die Entwicklungszusammenarbeit in einem Regenwaldprojekt in Ecuador war er lange Jahre als Ökologiereferent für die Heinrich-Böll-Stiftung tätig. 2008 wechselte er als Programmdirektor zur European Climate Foundation. Intensives Engagement in den UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen. Ohne öffentliche Mobilisierung fehlt jedoch der Handlungsdruck - daher der Wechsel zu Campact, zuerst als Pressesprecher, dann als Campaigner. Alle Beiträge

10 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Sehr klasse und wichtig, dass Campact für Montag mittag eine Aktion vor der SPD-Zentrale zu diesem Irrsinn organisiert!

  2. Ich freue mich immer über Teilerfolge bei der Verhinderung der Transatlantischen Abkommen. Weit über 1,4 Millionen Unterschriften gegen TTIP und CETA, über die hier von Campact dankenswerterweise dargestellten Proteste in der SPD etc., und ich freue mich darüber, dass immer offensichtlicher wird, dass die Abkommen insgesamt und nicht nur in Teilen abzulehnen sind.
    Ich will die Gelegenheit nutzen und auch heute wieder daran erinnern, dass noch solch ein „Entmächtigungsgesetz der Parlamente“, wie es der Herr Thomas Teichmann“ treffend bezeichnet, in Verhandlung ist. TISA! – und auch diesem neoliberalen Machwerk müssen wir uns entgegen stellen und unserer Aufmerksamkeit widmen.
    Viele Grüße

    • Lieber Herr Mitscherling,
      das haben wir im Blick. Wir haben nur aktuell begrenzte Kapazitäten – sobald sich das bessert werden wir sicherlich auch TISA verstärkt angehen.

  3. Ich komme zunehmend zu dem Schluss, dass egal wie diese Investorenschutz-Abkommen komplett gestoppt werden müssen. Vielen Dank daher für die Information über das Papier der Grundwertekommission. Diese Abkommen, auch viele der bestehenden, verletzen das Prinzip der Gewaltenteilung. Sie sind Entmächtigungsgesetze der Parlamente, nicht so grausam trüb wie das Ermächtigungsgesetzt von 1933, aber in der Verfassungswirksamkeit durchaus ähnlich.
    Dass große Konzerne gewillt sind, mit Hilfe dieser Abkommen gegen Staaten vorzugehen und etwa Gesundheitsvorsorge zu unterbinden, zeigt ein Beispiel, das der US-amerikanische Politsatireshowmaster John Oliver in dieser Senden bringt:
    https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=6UsHHOCH4q8
    Etwa ab Minute 6 berichtet er, wie Tabakkonzerne unter Berufung auf Handelsverträge gegen einzelne Staaten vorgehen. Ärmere Staaten werden damit einfach erpresst.
    Danke an den Zündfunk für den Hinweis.

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