Energiewende 2014: Die Bewegung dreht auf
Herr der Ringe, Krieg der Sterne: Der typische Verlauf aller Film-Trilogien besteht aus Erfolg, Rückschlag und Sieg. Wendet man diesen Vergleich auf die Energiewende an, dann war 2014 das Jahr, in dem das fossile Imperium zurückschlug – ein Jahr, das aber auch zeigte: Die Macht ist mit uns. Denn die Bewegung für die Energiewende wird […]
Herr der Ringe, Krieg der Sterne: Der typische Verlauf aller Film-Trilogien besteht aus Erfolg, Rückschlag und Sieg. Wendet man diesen Vergleich auf die Energiewende an, dann war 2014 das Jahr, in dem das fossile Imperium zurückschlug – ein Jahr, das aber auch zeigte: Die Macht ist mit uns. Denn die Bewegung für die Energiewende wird lauter. Ein Rückblick auf das Klima in 2014.
Das EEG wird demontiert
Als das Jahr 2014 begann, war der Kampf um die Energiewende schon voll im Gange. Sigmar Gabriel, Wirtschaftsminister und Vizekanzler der neuen Großen Koalition, hatte sich zum Ziel gesetzt, die Erneuerbaren auszubremsen. Er war der fossilen Lobby mit ihrer Mär von den hohen Strompreisen auf den Leim gegangen. Unter anderem mit einem Deckel für die Windkraft und einer Steuer auf Sonne plante er, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu deformieren – wie, erklärt dieses kleine Video.
Viele hunderttausende Campact-Aktive hielten mit aller Macht dagegen. Mit spektakulären Aktionen, einer Verfolgung der entscheidenen Ministerpräsident/innen, dezentralen Demonstrationen, einer Aufsehen erregenden Schiffs-Demonstration in Berlin, mit Leserbriefen, Unterschriften und Protestanrufen. Zwar konnten sie erreichen, dass der Windkraft-Deckel etwas angehoben wurde und die Sonnensteuer etwas kleiner ausfiel. Aber am Ende beschlossen Bundesrat und Bundestag eine Neufassung des EEG, die einen empfindlichen Schlag für die Energiewende bedeutete.
Das Wachstum beim Sonnenstrom brach dann auch prompt ein: In diesem Jahr wurden bis Ende November nur 1,7 Gigawatt neue Photovoltaikanlagen gebaut. Nicht mal das mickrige Ziel der Bundesregierung von 2,5 Gigawatt wurde erreicht. Und bei dem Bau von Windenergieanlagen an Land kam es zu einer “Notblüte”: Viele Projekte wurden noch rasch vorgezogen, bevor die Risiken für derartige Projekte massiv steigen. Denn in Zukunft soll die Förderung für Neuanlagen künftig ausgeschrieben werden. Die EEG-”Deform”: ein herber Rückschlag für die Energiewende.
Tauziehen ums Fracking
Kaum war das EEG demontiert, kam Sigmar Gabriel mit seinem nächsten Projekt um die Ecke. Noch vor der Sommerpause wolle er ein Fracking-Gesetz durch das Kabinett bringen, verkündte Sigmar Gabriel Ende Mai in einem Brief an den Haushaltsausschuss. Erste Meldungen ließen nichts Gutes über dieses Gesetz erwarten. Von einem Verbot der umstrittenen Gasfördermethode war keine Rede. Wollte der Minister das unliebsame Fracking gesetzlich eintüten, während die Fußball-Nationalmannschaft in Brasilien ein Tor nach dem anderen schoss? Ein Aufschrei ging durch die sozialen Netze, innerhalb kurzer Zeit unterzeichneten an die 500.000 Menschen für ein Verbot von Fracking, protestierten in der Folge vor Bundesrat und Umweltministerium. Mit einem ersten beachtlichen Erfolg: Bis heute hat die Regierung keinen abgestimmten Referenten-Entwurf ins Kabinett einbringen können. Doch der Konzern Exxon startete eine Lobbying-Offensive, kaufte sich ganzseitige Anzeigen – und plötzlich berichteten manche Medien Fracking-freundlich.
Was aus den Ministerien nach draußen dringt, klingt nicht gut: Die Eckpunkte, die Hendricks und Gabriel im Sommer vorgelegt haben, sind weiter aufgeweicht worden. Der Konflikt schwelt aber weiter. Vielen Abgeordneten – auch in der Koalition – schmeckt die Aussicht nicht, sich in Wahlkreisen bald für Fracking-Bohrungen rechtfertigen zu müssen.
Kohleausstieg: Darf es auch ein bisschen mehr sein?
Dann im Herbst der nächste Paukenschlag: Aus dem Wirtschaftsministerium drangen Pläne nach außen, für den Klimaschutz in den nächsten Jahren knapp zwei Dutzend Kohlekraftwerke abzuschalten. Der Spiegel berichtete, dass die Beamten an solchen Szenarien herumrechnen würden. Kaum war das bekannt, ging die Kohlelobby auf die Barrikaden. Gabriel kassierte die Pläne innerhalb kurzer Zeit öffentlich ein, bezeichnete den Kohleausstieg als “Volksverdummung” und gab fortan den Kohlekumpel. Doch den öffentlichen Aufschrei hatte er offenbar unterschätzt. Knapp 240.000 Menschen unterzeichneten unseren gemeinsamen Appell mit Greenpeace, BUND und Nabu. Zeitgleich fanden Aktionen in über 40 Städten statt. Und in der Regierung liefen die Drähte heiß, weil tausende Aktive ihrem Protest telefonisch Gehör verschafften. Mit Erfolg: Umweltministerin Hendricks drängte darauf, dass die Klimaziele nur mit einem Kohleausstieg zu erreichen wären. Gabriel gab nach – und verkündete, im kommenden Jahr den CO2-Ausstoß von Kraftwerken deutlich zu reduzieren.
Die fossile Lobby schlägt zurück
2014 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die fossile Lobby zurückschlug. Mit einem Großangriff auf die Erneuerbaren Energien; dem Versuch, Fracking endlich salonfähig zu machen – und dem erbitterten Kampf gegen den Kohleausstieg. Gern wollten die Energiekonzerne vergessen machen, dass in den letzten Jahren der Atomausstieg beschlossen, die meisten Kohlekraftwerksneubauten verhindert und die Erneuerbaren durch die Decke gegangen waren.
Und das nicht ohne Grund: Weltweit hat sich um die Förderung und Nutzung fossiler Brennstoffe eine mächtige Lobby gebildet: Der fossil-industrielle Komplex. Immer weiter werden fossile Rohstoffe erkundet und erschlossen, obwohl wir nur ein Drittel der bekannten Vorkommen verbrennen dürfen. Sonst erwärmt sich die Welt um mehr als 2 Grad. Das ist die international anerkannte Grenze, ab der Klimawandel richtig gefährlich wird. Zwei Drittel der Vorkommen an Kohle, Öl und Gas müssen im Boden bleiben, wenn unsere Kinder ein lebensfreundliche Klima erben sollen. Doch die erwarteten Gewinne aus der Förderung und Verbrennung sind bereits im Börsenwert der fossilen Konzerne eingepreist. Die Märkte wetten auf unsere Selbstzerstörung. Wenn wir Klimaschutz und Energiewende vorantreiben, bricht der Aktienkurs ein. Kein Wunder, dass die Chefs der Konzerne alle Register ziehen, um Klimaschutz auszubremsen.
In Deutschland zeigt sich der fossil-industrielle Komplex am klarsten an der Braunkohle. RWE ist der Konzern mit den größten Vorkommen. Sein Börsenwert ist wegen der Energiewende seit 2008 um 70% eingebrochen. Doch er übt immer noch enormen Einfluss aus: über Verflechtungen in SPD und CDU, über die Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie – und über direktes Lobbying ins Kanzleramt.
Gegen Beharrung hilft Bewegung
Gegen Konzernlobbies hilft nur die Gegenmacht der Bürger. Und 2014 war genauso das Jahr, in dem die Bewegung für die Energiewende ihr Comeback vorbereitete und mit wachsender Stärke auf den Plan trat. Sah es beim EEG noch so aus, als hätte die fossile Lobby die Oberhand behalten, war beim Fracking schnell klar: So einfach würden Exxon und Co. bei diesem Thema nicht durchkommen. Dass bis heute noch kein Gesetz vorliegt, ist auf das Engagement hunderttausender Bürger/innen zurückzuführen. Viele in Regierung und Koalition fürchten massenhaft Proteste, wenn sie Fracking den Weg ebnen. Zwar ist die Auseinandersetzung noch nicht entschieden. Aber vergleicht man den Gesetzesvorschlag aus dem letzten Jahr mit dem, was heute diskutiert wird, kann man den Erfolg der Anti-Fracking-Bewegung nicht übersehen.
Und schließlich der Kohleausstieg: Im August protestieren in der Lausitz 7500 Menschen mit einer internationalen Menschenkette gegen die Braunkohle. Doch dass im nächsten Jahr die Abschaltung von einem Drittel aller Kohlekraftwerke beschlossen werden könnte, hätten zu dieser Zeit nur wenige für möglich gehalten. Jetzt ist klar: Der Bundestag wird sich im Frühjahr mit genau dieser Frage befassen. Dass wir jetzt so weit sind und der Einstieg in den Kohleausstieg tatsächlich auf der politischen Agenda steht, ist ein riesiger Erfolg einer wachsenden Anti-Kohle-Bewegung.
Und auch in der Wirtschaft ist angekommen, dass mit dreckiger Energie bei den Bürger/innen kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Vattenfall will sein Braunkohlegeschäft in der Lausitz verkaufen. E.ON stößt Kohle- und Atomkraftwerke ab. Und so ganz nebenbei hat sich die Deutsche Bank auf unseren Druck hin aus einem Kohlehafen am Great Barrier Reef zurückgezogen. Ein Erfolg für das sensible Weltnaturerbe genauso wie für das Klima. Heute traut sich kaum noch eine große Investmentbank an das Projekt heran.
Wir sind dabei nicht allein in Deutschland: Überall auf der Welt wächst der Widerstand. In den USA ist die Keystone-XL-Ölpipeline bis heute durch ein breites Bürgerbündnis gestoppt. Ein Fracking-Moratorium im Bundesstaat New York dauert an. In Kanada steigert sich der Protest gegen dreckiges Teersand-Öl bis hin zum zivilen Ungehorsam. Über 19 Milliarden Dollar Investitionen in die Teersände wurden schon verhindert. In Indien wächst der Widerstand gegen Kohlekraftwerke und Kohlebergbau ebenso wie in Australien. Und selbst in China hat die wachsende Unruhe in der Bevölkerung dazu geführt, dass der Kohleverbrauch gedeckelt wird.
All dies zeigt: Die weltweite Bewegung für Energiewende und Klimaschutz wächst rasch
Immer mehr Menschen engagieren sich für den Kohleausstieg weil sie wissen: eine Zukunft für unsere Kinder gibt es nur ohne Kohle. Immer mehr Menschen wollen gesunde, klimafreundliche und saubere Energie. Immer mehr Menschen akzeptieren den übergroßen Einfluss der fossilen Lobby auf unsere Regierungen nicht. Und das ist ein hervorragendes Zeichen. Die Bewegung wird größer – und mit ihr die Hoffnung, dass die Energiewende sich schließlich durchsetzt.
Ausblick für 2015: Die Rückkehr der Energiewende
Genau so eine laute, mutige und kräftige Bewegung brauchen wir im nächsten Jahr. Denn es stehen in Deutschland viele wichtige Entscheidungen an.
- Sigmar Gabriel hat angekündigt, im nächsten Jahr die Kraftwerksbetreiber auf eine deutliche Reduzierung ihres CO2-Ausstoßes zu verpflichten. Mit anderen Worten: Kohlekraftwerke müssen vom Netz. Im Gespräch ist bis zu ein Drittel des Kraftwerksparks. Doch die Lobby wird alle Hebel in Bewegung setzen, um die Idee zu verwässern oder zu verhindern. Im nächsten halben Jahr kommt es darauf an, diese einmalige Chance für den Kohleausstieg zu nutzen. Wir werden nicht lockerlassen, bis der Einstieg in den Kohleausstieg in trockenen Tüchern ist.
- Am 25. April mobilisieren wir zusammen mit BUND, Greenpeace und anderen Umweltverbänden zu einer großen Menschenkette ins Rheinland. Durch den Braunkohle-Tagebau Garzweiler II ziehen wir eine rote Linie für die Braunkohlebagger. Für uns und unsere Kinder sagen wir: Bis hierher und nicht weiter – und zeigen, wie viele Menschen hinter dem Kohleausstieg stehen.
- Wichtige politische Weichenstellungen stehen an: Die Regierung will erste Ausschreibungsmodelle für Solarstrom einführen. Was kompliziert klingt, bedeutet eine Umwälzung der Förderung für Erneuerbare: Künftig bekommt Solarstrom dann nicht mehr eine feste Vergütung, sondern muss sich auf Förderung bewerben. Das droht, die Bürgerenergiewende in ein Projekt für die Konzerne zu verwandeln. Ähnlich sieht es beim Thema Kapazitätsmärkte aus – noch so ein technischer Begriff, hinter dem sich ein Fest für die Energiekonzerne verbergen könnte. Die Idee: Die Konzerne sollen schon allein für die Bereitstellung von Kraftwerkskapazitäten fürstlich entlohnt werden. “Hartz IV für Kraftwerke” hat Gabriel das genannt. So will die fossile Lobby Geld mit Kohlemeilern verdienen, die wir eigentlich nicht mehr brauchen. Beides müssen wir verhindern.
- Am Ende des Jahres dominiert dann der Klimagipfel von Paris die politische Agenda. Oft ist davon die Rede, dass dieser Gipfel entscheidende Bedeutung für den Kampf gegen den Klimawandel hat. Wir sind da vorsichtiger. Ohne Frage braucht es einen globalen Klimavertrag, und er wird uns auch Rückenwind geben. Aber entscheidend ist, was dann zu Hause passiert. Deswegen wollen wir der Regierung mit auf den Weg geben: Nur wenn ihr beim Kohleausstieg ernst macht, wird die Weltgemeinschaft euch ernst nehmen. Sonst sind alle Bekenntnisse zum Klimaschutz reine Rhetorik.
Für all diese Projekte brauchen wir eine starke Bürgerbewegung, die der fossilen Lobby Paroli bietet. Und auch wenn 2014 einige Entscheidungen gefallen sind, die uns nicht schmecken. Die Bewegung wächst – und die Politik weiß, dass sie 2015 mit uns rechnen muss. Wir werden uns unüberhörbar einmischen, die Politik vor uns hertreiben, auf der Straße und im Netz weiter Druck entfalten und Angela Merkel und Sigmar Gabriel nicht aus der Verantwortung lassen. Mindestens eins bleibt vom Energiewendejahr 2014: Unsere Bewegung wird lauter.
PS: Wir haben im nächsten Jahr viel vor. Mit ihrer Unterstützung können wir der mächtigen Kohlelobby die Stirn bieten. Werden Sie jetzt Campact-Förderer/in
Bei der fossilen Lobby geht es NUR um eins, möglichst V I E L Kohle zu machen, das ist für sie das A L L E R W I C H T I G S T E !
Wie es dem Klima, der Natur und Umwelt geht, ist für DIESE LOBBY doch V Ö L L I G E
N E B EN S A C H E !
Sie merkt im Grunde gar nicht,
dass sie,
wenn sie damit Erfolg hat und so weitermacht – wie bisher (Raubbau mit der Natur!),
der Flora, Fauna – und den Menschen U N D damit A U C H SICH SELBST immensen
Schaden zufügt!
WIR A L L E sitzen doch in EINEM Boot,
oder nicht?!
Es gibt doch schließlich nur EINE Erde!
Wie kann man bloß SO DUMM sein – und
nicht ENDLICH einen neuen Weg einschlagen wollen – und
es AUCH TUN ?!
Nämlich zu –
Erneuerbaren Energien …